Gewerkschaft beschließt Stellenabbau

Historisch bedingte Doppelstrukturen bei Ver.di sollen wegfallen. Auf Kündigungen wollen Bsirske & Co. verzichten

BERLIN taz ■ Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di hat einen Sparkurs und die Verschlankung der Organisationsstruktur beschlossen. Einen entsprechenden Antrag verabschiedeten die 1.000 Delegierten auf dem Bundeskongress in Berlin. Ver.di-Chef Frank Bsirske hatte in dieser Woche erklärt, dass der „finanzielle und zeitliche Aufwand zu hoch“ und deshalb Strukturreformen notwendig seien.

Ver.di hat zweieinhalb Jahre nach der Fusion noch „viel von einer Baustelle“, sagte ein Delegierter. Der Grund für die Baustelle: Als sich im Frühjahr 2001 die fünf Einzelgewerkschaften ÖTV, HBV, IG Medien, Postgewerkschaft sowie Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) zu Ver.di zusammenschlossen, wurde sämtlichen Mitarbeitern Bestandsschutz gewährt.

Diese Festlegung hemmt die Ver.di-Führung bei der Sanierung der „1.000-Berufe-Gewerkschaft“. Aber die ist notwendig. Ver.di hat einen enormen Personalüberhang. Die Gewerkschaft beschäftigt doppelt so viele Mitarbeiter wie die fast gleich große IG Metall. Das Haushaltsloch von 85 Millionen Euro speist sich vor allem aus einem Personalkostendefizit von 59 Millionen Euro in diesem Jahr.

Die Gewerkschaft will deshalb 1.000 der 5.000 Stellen abbauen. Auf betriebsbedingte Kündigungen muss sie dabei bis 2007 verzichten, auch darauf hat sie sich im Zuge der Fusion verpflichtet. Bsirske hat seinen Mitarbeitern deshalb angeboten, bei Freizeitausgleich auf 10 Prozent des Gehalts zu verzichten.

Dass bei der Fusion niemand um seinen Posten fürchten sollte, hat auch zu einem Übermaß an Bürokratie geführt. Es seien zahlreiche Kompromisslösungen entstanden, erklärte Ver.di-Vize Gerd Herzberg gestern. Diese „Parallelstrukturen“ behinderten die Arbeitsabläufe. Ein Delegierter drückte es weniger diplomatisch aus: Die neue Organisationsstruktur namens Matrix sei „eine Katastrophe“. Die Ver.di-Matrix ist ein hoch reguliertes Organisationsmodell. Es gibt einerseits die Ebene der Fachbereiche, die sich um spezielle Branchen wie Post, Handel, Verkehr oder Finanzen kümmern. Andererseits existieren Zuständigkeiten auf den Ebenen Bund, Land, Bezirk.

Von der gestern verabschiedeten Reform erhofft sich Ver.di einen „kostensenkenden, effektiveren Einsatz der Ressourcen“. Vor allem die Fachbereiche sollen enger zusammen arbeiten. Unter der Woche hatten die Delegierten schon beschlossen, dass sich bis 2007 der Vorstand von 19 auf 11 Posten verringert. Auch ein Erbe der Fusion. THILO KNOTT