Einsam steht die „Klavierspielerin“ am Messestand

Auf der Frankfurter Buchmesse löst die Entscheidung große Überraschung aus. Ihre Verlagen müssen überhaupt erst einmal Bücher von Elfriede Jelinek heranschaffen

FRANKFURT/MAIN taz ■ Um kurz nach 13 Uhr konnte man in der Halle 3.1. der Frankfurter Buchmesse ein kurzes, aber lautes Jubilieren und Klatschen vernehmen: Den Rowohlt Verlag hatte in diesem Moment die Nachricht von der Literaturnobelpreisverleihung an Elfriede Jelinek erreicht. Sofort wurden Sekt und Gläser hervorgeholt, sofort stellte sich auch Rowohlt-Chef Alexander Fest den schnell von Medienleuten umlagerten Stand, um Fragen zu beantworten, seiner Freude Ausdruck zu verleihen und Elfriede Jelinek zu würdigen. Und sofort stand die ebenfalls anwesende Autorin Alexa Hennig von Lange noch ein bisschen verlorener am Stand herum.

Tatsächlich war man bei Rowohlt, wo der Großteil von Jelineks Werk herausgekommen ist, vollkommen unvorbereitet – gerade ein Taschenbuch von Jelineks Roman „Die Klavierspielerin“ konnte aufgetrieben werden; er wird dann auch schnell von den Fernsehkameras ins Visier genommen. Es wirkt fast so, als habe man bei Rowohlt eher mit dem jedes Jahr als Favoriten gehandelten Philip Roth gerechnet, dessen Taschenbücher jedenfalls sind auf dem Messestand nicht zu übersehen.

Zumindest kennt man sich bei Rowohlt aus mit Literaturnobelpreisverleihungen während der Messe. Erst vor zwei Jahren hatte der bis dato bei Rowohlt unter Vertrag stehende (und im selben Jahr noch zu Suhrkamp wechselnde) ungarische Schriftsteller Imre Kertesz den Preis erhalten. Von dessen „Roman eines Schicksallosen“ konnte man dann prompt mehr Exemplare absetzen. Ob Jelineks Würdigung positive wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen wird, kann bei Rowohlt naturgemäß noch nicht absehen.

So gilt es an diesem Donnerstagmittag erst einmal, Bücher heranzuschaffen, eine Pressemitteilung zu verfassen, wo etwa die vielen anderen Würdigungen Jelineks (u. a. der Bücherpreis 1998) gelistet sind, und darüber hinaus den Medienmenschen zu versichern, dass Jelinek nicht nach Frankfurt kommen werde und nach einem kurzen Österreich-Bashing erst mal abgetaucht sei. Nach einer Stunde ist dann aber fast schon wieder der übliche Messebetrieb am Rowohlt-Stand.

Nicht viel anders sieht es gegen 14 Uhr in der Halle 4.1. beim Berlin Verlag aus, wohin Jelinek im Jahr 2000 zusammen mit ihrem Lektor Delf Schmidt gewechselt war und wo sie nun ihre Prosaarbeiten veröffentlicht (die Theaterrechte liegen allesamt weiterhin bei Rowohlt, im Mai nächsten Jahres erscheint dort ihr neues Stück „Bambiland“). Immerhin hat der Berlin Verlag die drei bislang bei ihm erschienenen Bände „In den Alpen“, „Der Tod und das Mädchen“ und „Das Lebewohl“ schon organisiert und in der Auslage drapiert. Darüber hängt ein etwas schmuckloser weißer Zettel mit den Worten: Literaturnobelpreis 2004, Elfriede Jelinek.

GERRIT BARTELS