hamburg heute
: „Heiter ist das falsche Wort“

Eine szenische Lesung mit Texten jüdischer Autoren im Polittbüro würdigt „Schräge Vögel“

taz: Herr Ebermann, „Schräge Vögel“ lautet der Titel der Veranstaltung heute Abend, worauf darf man sich gefasst machen?

Thomas Ebermann: Isaak Babel, Joseph Roth und Isaac B. Singer haben, neben vielen anderen Vorzügen, eine Spezialität: das Portraitieren von extralegalen, subversiven, gaunerhaften, saufenden, unangepassten Figuren. Es wird also ein Abend sein, der, wie Herr Schäuble sagen würde, „das Verbrechen beschönigt“.

Das klingt nach einem heiteren Abend.

Heiter ist das falsche Wort, einige Geschichten sind extrem zum Lachen, insbesondere die zwei von Babel …

den man im Hinblick auf sein Hauptwerk „Die Reiterarmee“ doch nicht unbedingt zu den heiteren Autoren rechnen würde.

Das ist ja das Spannende: Alle drei Autoren haben die tolle Eigenschaft, auf dem schmalen Grad – oh Gott ’ne Phrase – also: am Abgrund zu wandeln und den Sinn fürs Ironische dabei nicht zu verlieren.

Hat das etwas mit einem speziellen jüdischen Witz zu tun?

Es eint viele jüdische Autoren, dass sie die großen Verbrechen kennen, und darum Kleinkriminalität nicht wie die bürgerliche Gesellschaft für verwerflich halten können. Wer den Antisemitismus erfahren hat, der kann sich über einen Taschendieb nicht mehr echauffieren. Den Begriff jüdischen Witz möchte ich aber vermeiden. Das klingt so abgegrabbelt. INTERVIEW: MAP

20 Uhr, Steindamm 45

Fotohinweis:THOMAS EBERMANN, 57, Politiker und Publizist.