Trauer um den Süden

Bürgerkriegsmythen als melancholischer Slow-Motion-Gitarrenpop: die „Early Day Miners“ im Westwerk

Wenn Resignation das Verharren in ästhetisierter Langsamkeit zum Inhalt hat, dann steht Jefferson at Rest, das neue Album der Early Day Miners voll und ganz im Zeichen dieser melancholischen Haltung der Entschleunigung. Als unverkennbar logische Fortsetzung der beiden Vorgängeralben wartet das Werk mit als Songs getarnten Klangskulpturen auf, die in ihrer Zerbrechlichkeit einen akustisch unendlichen Raum eröffnen, dessen hoffnungslos verschlungene Pfade zum Flanieren durch eine Welt voller Einsamkeit und Trauer einladen.

In dieser von Gitarre, Bass und Violine erzeugten Atmosphäre interesselosen Wohlgefallens wird man von einem im Zeitlupentempo dahinschreitenden Schlagzeug begleitet. Ein erfreuliches Ergebnis dieser kalkulierten Verzögerung ist das Entstehen klanglicher Nischen, die förmlich dazu zwingen, inmitten der sich beständig dem Stillstand nähernden Melodien den Texten ein besonderes Maß an Aufmerksamkeit zu widmen.

In den von Sänger und Gitarrist Dan Burton in seinem Grotto Home Studio in Bloomington/Indiana aufgenommenen Stücken wirken die in manchen Augenblicken lediglich gehauchten Lyrics nicht als notwendige Zutat, sondern sie spielen eher die Rolle eines ergänzenden Instruments. In von Song zu Song variierten Fragmenten, die gespickt sind mit etlichen Versatzstücken aus der vom verlorenen Bürgerkrieg geprägten Südstaatenmythologie, entsteht eine Welt der vom Schicksal Gebeutelten.

Die Trauer um den niedergehenden Süden erscheint als Metapher für eine tiefe Verzweiflung, deren konkrete Ursache längst in Vergessenheit geraten ist. Mit der am Ende des Albums psalmodierten Frage „What can we do to bring us together, to make us one?“ verbindet sich eine ebenso große Vielzahl von Interpretationen, wie mit den oftmals minutenlangen Instrumentals, von denen die einzelnen Stücke getragen werden.

Wer also mit seiner vom verregneten Herbstwetter begleiteten Schwermut nicht allein bleiben möchte und wem Bands wie Califone, Low oder Codeine ohnehin als Hausheilige gelten, sollte sich das Konzert der Early Day Miners auf keinen Fall entgehen lassen. Matthias Seeberg

morgen, 21 Uhr, Westwerk