„SKANDAL, WENN DFB NICHT PROTESTIERT“

Johannes Kandel, 55, Leiter des Referats Interkultureller Dialog der Friedrich-Ebert-Stiftung und Fußballfan, über ein Stadionverbot für Frauen beim heutigen Spiel des DFB im Iran.

taz: Herr Kandel, Sie haben den DFB gebeten, gegen das Stadionverbot für Frauen im Iran zu protestieren. Bislang vergebens. Kandel: Ja. Wenn Sportpolitik vor Menschenrecht geht, ist das ein Skandal. Wenn der Deutsche Fußball-Bund im Iran spielt und der Erlös Erdbebenopfern zugute kommt, ist das sehr zu begrüßen. Der DFB ist aber bei Auftritten im Ausland auch Botschafter Deutschlands und hat eine politische Verantwortung. Das heißt? Er kann seine Augen nicht vor der rigiden Geschlechtertrennungspolitik des Iran verschließen und sollte zumindest sein Befremden über die Ausschließung der iranischen Frauen vom Länderspiel gegenüber dem Iranischen Fußball zum Ausdruck bringen. Das ist keine Einmischung in innere Angelegenheiten, sondern Treue zu demokratischen Grundwerten, denen auch der DFB verpflichtet ist. Die Iraner werden sich das als westliche Sicht verbieten. Unsinn. Das hat nichts mit westlichen Werten zu tun. Die kulturelle Identität endet da, wo universelle, unteilbare Menschenrechte unterdrückt werden. Wir nehmen weder z. B. Genitalverstümmelung noch Zwangsheiraten als Ausdruck kultureller Identitäten hin. Und auch kein Stadionverbot, das sich einseitig gegen Frauen richtet. Wenn wir das akzeptieren, können wir uns die ganze Debatte um universelle Menschenrechte sparen. INTERVIEW: PU