DER FRIEDENSNOBELPREIS FÜR WANGARI MAATHAI ZEIGT:
: Afrika rückt ins Zentrum des Interesses

Überraschung war die einhellige internationale Reaktion auf die Verleihung des Friedensnobelpreises an die Umweltschützerin und Demokratieaktivistin Wangari Maathai aus Kenia. Eine Frau, eine Ökofrau sogar, dazu noch eine aus Afrika – kann man das ernst nehmen angesichts der vielen Probleme der Weltpolitik? Die Internationale Atomenergiebehörde, die zuvor als aussichtsreicher Kandidat gehandelt worden war, hätte doch viel besser in die laufenden Kontroversen gepasst.

Wer so denkt, ist borniert. Das Nobelpreiskomitee hat mit dieser Verleihung eine neue Funktion gefunden, wie schon bei der letztjährigen Auszeichnung der Frauenrechtlerin Schirin Ebadi aus Iran. Es geht beim Friedensnobelpreis nicht darum, das vermeintlich wichtigste Thema der internationalen Politik hervorzuheben und da einen möglichst positiven Akteur zu ehren. Es geht in einer Welt voller Konflikte und Unsicherheiten darum, konkretes Engagement zu achten, das sich um die Überwindung der hartnäckigsten Hindernisse für dauerhaften Frieden in der Welt kümmert. Die Auszeichnung für Maathai symbolisiert die Erkenntnis, dass die Probleme Afrikas nicht mehr eine zwar bedauerliche, aber irgendwie irrelevante Marginalie des Weltgeschehens darstellen, sondern eine zentrale Herausforderung für Frieden und Sicherheit im Weltmaßstab.

Überall in Afrika ist die Verteilung von Ressourcen und der Verfügungsgewalt darüber die große ungelöste politische Herausforderung, die auch mit der Einführung demokratischer Systeme nicht automatisch besser gelöst wird als früher. Betroffene Bevölkerungen suchen auf verschiedensten Wegen nach einer politischen Stimme. So stehen Maathais Umweltschützer, die gegen die organisierte Vernichtung der Lebensgrundlagen der Landbevölkerung zum privaten Profit einiger Mächtiger Sturm laufen, an der gleichen Front wie die Streiter für Gerechtigkeit in Nigerias Ölfeldern oder die Widerständler gegen Rohstoffausplünderung in Kongos Bergbaugebieten. Die Würdigung dieses gesamtafrikanischen Kampfes durch das Preiskomitee, die hinter der persönlichen Auszeichnung Maathais steckt, ist die eigentliche Sensation des Friedensnobelpreises 2004. DOMINIC JOHNSON