Die Professorin mit dem grünen Band

1977 gründete Maathai „Green Belt Movement“. 30 Millionen Bäume wurden seitdem vor allem von Frauen gepflanzt

BERLIN taz ■ Diese Bewegung ist so etwas wie die Mutter aller heutigen Nichtregierungsorganisationen. Bereits 1977, lange vor den großen Globalisierungsdebatten der 1990er-Jahre, wurde in Kenia ein Projekt begründet, das auf den Namen „Green Belt Movement“ (GBM) getauft wurde. Die treibende Kraft hinter der Bewegungbekam dafür 1984 den alternativen Nobelpreis. 20 Jahre später ist Wangari Maathai auch neue Friedensnobelpreisträgerin.

Die Umweltpionierin, die in Biologie promoviert hatte und 1971 erste Professorin für Veterinärmedizin in Kenia geworden war, beobachtete damals zusehends besorgt die rasante Abholzung der Wälder in ihrem Land. Da es zu dieser Zeit am Horn von Afrika kaum alternative Energiequellen gab, war Holz der einzige Brennstoff für die Bevölkerung. Die verheerende ökologische Situation allein aber war nicht der einzige Antrieb, das archaische Frauenbild in Kenias Dorfgemeinschaften war Maathai ebenso ein Dorn im Auge. Das Naheliegendste für sie war daher die Verschmelzung ökologischer Anliegen mit der Förderung und Emanzipierung der kenianischen Frauen.

„Die Lösung war, dass viele Frauen viele Bäume pflanzten“, sagt Barbara Unmüßig, Vorstandsmitglied der Heinrich-Böll-Stiftung, die Maathai in diesem Jahr den Petra-Kelly-Preis verlieh. Geschehen sollte das in den angestammten Dorfgemeinschaften, um den Frauen das Heranschaffen des Brennholzes aus den immer weiter entfernten Wäldern zu ersparen. Außerdem ging es Maathai darum, Kenias Bevölkerung für Umweltfragen zu sensibilisieren.

Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde die Organisation Mitte der Achtzigerjahre durch den Kampf um den Erhalt eines großen Parkes im Zentrum von Kenias Hauptstadt Nairobi. Dieser von Maathai hart geführte Kampf gegen die Bebauung des Parks wirkte wie eine Art Katalysator des Projekts. Bereits wenige Jahre später waren die „Baumschulen“ über mehrere tausend Dörfer in ganz Kenia verteilt. Bis heute hat das GBM mehr als 30 Millionen Bäume angepflanzt. Wälder indes wurden damit nicht aufgeforstet, sondern vor allem Obstbäume zur Eigenversorgung der Menschen auf dem Land und schnell nachwachsendes Brennholz.

In die Erfolgsgeschichte der Bewegung, die Maathai 2002 erst einen Sitz für die Grünen im Parlament und dann am Kabinettstisch einbrachte, haben sich in den letzten Jahren aber auch kritische Untertöne gemischt. Die Organisation sei zu sehr auf Maathai zugeschnitten. Außerdem versuche sie sich mit der Symbolwirkung der Baumpflanzungen politisch mehr Gehör zu verschaffen. Barbara Unmüßig hält dies nicht für verwerflich, da nur durch eine starke Persönlichkeit die Sache der Umwelt und der Frauen in Kenia mehr Bedeutung bekäme. Im Übrigen, so Unmüßig, habe Maathai einen Teil der Führung aus der Hand gegeben. Das Fundraising, die Beschaffung von Geld, leitet nun Maathais Tochter. Ein Auge wird die Mutter aber weiterhin darauf werfen. Das grüne Band Kenias soll schließlich nicht zerschnitten werden. MARCO LAUER