Das 5-Millionen-Glück im Ohr

Elka überzeugt am Telefon: Los kaufen, hinfahren und Jauch-Fragen beantworten lassen

Ich kann es noch gar nicht fassen. Ich habe den Hörer aufgelegt und bin rasend vor Glück. Eben rief meine Glücksfee an und hat mir von dem vielen Geld erzählt: 800 Millionen Euro, hat sie gesagt, und dass sie so große Summen kaum in Zahlen ausdrücken kann, meine Glücksfee.

Sie heißt Elka, sagt sie, das komme von „Elke“, mit Nachnamen Spachmann: Elka Spachmann also. Alles hatte ganz bescheiden angefangen als das Telefon klingelte. Nicht anders als sonst, ganz unauffällig. Dann nehme ich ab, und Elka ist dran. Sie klingt wie eine lustige Frau Ende fünfzig, die sich selbst etwas wundert, plötzlich meine Glücksfee zu sein. Ohne Umschweife fragt sie, ob ich nicht nach München reisen möchte, Übernachtung im Vier-Sterne-Hotel, Vollpension. Ob ich dort viele Prominente treffen möchte und ob ich die „5-Millionen-Show“ mit Günther Jauch kenne. Ich lüge sie erst einmal an, denn ich kenne zwar „WWM“ und die „Wie schlau ist Deutschland“-Show und sogar mehrere Werbespots, in denen der Günther Jauch Zielgruppen anspricht, zu denen ich nicht gehöre. Doch diese 5-Millionen-Show kenne ich nicht. Da möchte mich Elka hinfahren, und dafür muss ich ihr erstmal nur zuhören.

Sie redet von den vielen Euros, von Sonderziehungen und Gratisverlosungen. Und von einem 3er-BMW-Cabrio, einem „richtigen Sportflitzer“, wie sie sagt. Was muss ich tun, Elka? Elka erklärt. Für 12 Euro 50 soll ich ein Los kaufen. Oder für 100 oder am besten 1.000 Euro. Eins von der Süddeutschen Klassenlotterie.

Elkas Erklärungen lassen mir den Kopf brummen. SKL und Sportflitzer, Prominente und Günther Jauch im Vier-Sterne-Hotel. Wie passt das alles zusammen? Elka klärt mich auf. Dass die Show eben das „Flaggschiff“ der SKL ist, und ich kann hinfahren, und Prominente beantworten Fragen von Günther Jauch. Und wenn sie das Richtige sagen, bekomme ich die Kohle. So muss es sein. Ich finde das sehr logisch. Dann frage ich nach den Prominenten. Wer kommt denn da so hin zu der Show? Ja, leider, Elka weiß es nicht so genau, das sei noch nicht klar, aber Hella von Sinnen wäre auf jeden Fall dabei. Ich frage nach Bohlen. Elka will nichts versprechen, aber möglich wäre es.

Plötzlich wird Elkas Stimme ganz ernst. Technische Fragen kommen, Adresse, Geburtsdatum und Bankverbindung. Irgendwie macht es die ganze Stimmung kaputt, ich lasse mir nichts anmerken und gebe eine falsche Kontonummer an. Nun habe ich Angst, dass meine Glücksfee mir böse wird. Sie merkt jedoch nichts und erklärt mir den Vorgang des Lastschriftverfahrens.

Wieder sinkt die Temperatur, aber dann ist Elka fertig und preist schnell wieder das Geld, rät mir zu teuren Losen mit dicken Gewinnchancen und zu einer sechsmonatigen Teilnahme. Sie läuft zur Höchstform auf, als sie erklärt, was passiert, wenn ich gewonnen habe: Bis 50.000 Euro gibt es eine Überweisung aufs Konto – das mit der falschen Nummer – noch am selben Tag. Danach einen „freundlichen Brief von der SKL“. Gewinne ich mehr als 50.000 Euro, gibt es erst einen Brief, und ich darf mir aussuchen, wie die Geldübergabe stattfinden soll. „Sie haben dann etwas Zeit, sich mit dem Gewinn anzufreunden“, sagt Elka, und ich finde, das ist eine gute Idee. Und wenn ich das Geld habe oder den Sportflitzer (ich stelle ihn mir in gelb vor: ein gelbes BMW-3er-Cabrio!), dann möchte sie mich kennen lernen, sagt sie. Ich soll mich hinters Steuer setzen und runterbrausen nach München. Sie freue sich schon.

Ich frage, wo sie denn gerade sitzt, von wo sie mich anruft. Von Berlin aus tue sie das, sagt Elka, und ich weiß, dass auch sie einen Sportflitzer gewinnen wird oder 800 Millionen, und wir treffen uns im Vier-Sterne-Hotel in München, lassen Jauch, von Sinnen und den Bohlen einfach sitzen und trinken einen auf die SKL. Meine Glücksfee Elka und ich. AXEL P. SCHRÖDER