Bescheidene Erfolgsgeschichte

Osnabrücks sportliches Aushängeschild meidet die Judomatten der Bundesliga. Dafür schmückt man sich mit Julia Matijass olympischem Edelmetall und einem Trainer, der im Ausland schon manchen Judoka zum Millionär gemacht hat

aus OsnabrückHOLGER SCHLEPER

Die Belohnung: Aushängeschild sein – am Tag des Fußballs in Osnabrück. Ansonsten schmücken zwei deutsche Meistertitel mit Wolfsburgs Männern, acht mit Osnabrücks Frauen seine Vita. Jürgen Füchtmeyer kann sich mit Recht als Erfolgs-Coach bezeichnen, doch sein Bekanntheitsgrad hält sich in engen Grenzen. Denn seine Erfolge sammelt der Trainer im Judo-Sport und der führt ein Randdasein in Deutschland.

Auch wenn das olympische Rampenlicht Athens für einen kurzen Moment auch die Crocodiles in der Domstadt streifte. „Von den Erfolgen her kann sich Judo in Osnabrück sehen lassen“, weiß Füchtmeyer. Nicht umsonst werde man gerne von der Stadt als Aushängeschild präsentiert. Die erfolgreiche Damen-Mannschaft zog der ehemalige Nationalkämpfer trotzdem aus dem Ligabetrieb zurück. „Die Liga gibt es nur, weil die Leute mit dem Begriff Bundesliga etwas anfangen können“, so Füchtmeyer. Die Mannschaft sei aber nur Anhängsel im Sport. „Entscheidend ist der Einzelwettkampf als olympische Diziplin.“ 500 Sportler trainieren in den Hallen der Crocodiles im Süden Osnabrücks.

Raum für Hobbyathleten lässt das Trainingssystem dabei wenig. Mit steigender Altersstufe erhöht sich das Übungspensum. Wer dabei bleiben will bleibt, wem es zu viel wird, der geht. Füchtmeyer: „So ergibt sich ein pyramidenförmiger Aufbau, der eigentlich immer in den Leistungssport führt.“ Und damit in ein Leben am Existenzminimum, so der Trainer weiter. Denn viel Geld ist mit dem Randsport nicht zu verdienen.

Dabei hat er in Japan, Frankreich und Belgien manchen Judoka zum Millionär gemacht. „Eine reine Vermarktungsfrage“, glaubt Füchtmeyer, „denn die Fernsehtauglichkeit ist da und das Regelwerk leicht zu verstehen.“ Der kurzzeitige Mitgliederboom, den die Olympischen Spiele in Athen mit sich brachten, scheint ihn zu bestätigen.

Julia Matijass hieß die erste deutsche Medaillengewinnerin im August. Bronze erkämpfte sich die 30-jährige Osnabrückerin in der Klasse bis 48 Kilo. Die eigentlichen Härtetests begannen erst danach. Vor Olympia bot die Deutsche Sporthilfe Kurse an, um den Umgang mit den Medien zu üben. Matijass hatte sie nicht wahrgenommen. „Ich dachte, das schaffe ich schon“, sagt die gebürtige Russin. Aber jetzt wisse sie nichts mehr von dem, was sie alles im Medienrummel von sich gegeben habe. „Erst war ich beim ZDF, dann bei Beckmann, dazwischen Pressekonferenzen. Es blieb mir keine Zeit, mich über die Medaille zu freuen“, blickt sie ungläubig zurück.

Dabei hatte sie so zielstrebig auf den Moment hingearbeitet. Zweimal täglich Training, auch am Wochenende, hieß es vor Olympia. „Wir trainieren wie Profis, leben aber von der Sporthilfe“, sagt Matijass. Deshalb hat sie jetzt eine Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte begonnen und ihr Trainingspensum gedrosselt. Hohe Ziele im Sport kann sie sich deswegen zur Zeit nicht setzen. Sie müsse an ihre Zukunft denken.

In Peking 2008 werde sie sicher nicht mehr am Start sein. Matijass weiß: „Es gibt nur eine Birgit Fischer.“ Die 42-jährige Kanutin heimste von allen deutschen Athleten die meisten Medaillen bei Olympischen Spielen ein. Immerhin: In Osnabrück wähnt sich auch Julia Matijass ein wenig prominent.

Gerade erst durfte sie wieder sportliches Aushängeschild der Stadt sein. Beim Tag des Fußballs.