Bauarbeiten gehen weiter

Stiftung ist zuversichtlich, dass das Holocaust-Mahnmal im Mai 2005 eröffnet werden kann. Streit um die Konsequenzen des Degussa-Auftrags hat begonnen

Dem Wochenende der Aufregungen folgte der Tag der Beschwichtigungen. Die Bauarbeiten am Holocaust-Mahnmal gehen weiter, sagte gestern die Geschäftsführerin der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Sybille Quack. Lediglich die Montage der Stelen sei gestoppt worden. Quack äußerte sich zuversichtlich, dass das Mahnmal pünktlich zum 60. Jahrestags des Kriegsendes am 8. Mai 2005 eröffnet werden könne.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass das Kuratorium der Stiftung beschlossen hatte, den Vertrag zur Lieferung des Graffitischutzmittels „Protectosil“ der Firma Degussa aufzulösen. Grund dafür war die Herstellung des Vernichtungsgases Zyklon B durch die Degussa-Tochter Degesch während des Nationalsozialismus (die taz berichtete). Inzwischen hat Bundestagspräsident Wolfgang Thiese (SPD) in seiner Funktion als Vorsitzender des Stiftungskuratoriums einen entsprechenden Brief an die Degussa geschrieben. Die Degussa selbst wollte sich auch gestern nicht äußern. Man werde erst den Brief Thierses beantworten, hieß es.

Inzwischen bahnt sich ein Streit darüber an, wie es zur Auftragsvergabe an Degussa kommen konnte. Die Sprecherin von Bausenator Peter Strieder (SPD), Petra Reetz, betonte gestern, dass „der Senator über den historischen Zusammenhang der Firma Degussa nicht informiert war“. In der Kuratoriumssitzung hatte sich Strieder schließlich gegen den Auftrag an die Firma ausgesprochen.

Degussa selbst hat nach Zeitungsberichten aber nie ein Hehl aus seiner Vergangenheit gemacht und auf die Aufarbeitung der Firmengeschichte und die Beteiligung am Entschädigungsfonds für Zwangsarbeiter hingewiesen. Um eventuellen juristischen Streitereien vorzubeugen, will die Stiftung nun erst einmal die technischen, rechtlichen und finanziellen Konsequenzen der Verwendung eines anderen Produkts klären. In der Berliner Zeitung warnte die Vorsitzende des Fördervereins für das Holocaust-Mahnmal, Lea Rosh, schon einmal vorsorglich, die Degussa solle nicht so töricht sein, Klage gegen den Rückzug der Stiftung einzulegen.

Inzwischen hat sich auch der Zentralrat der Juden in Deutschland auf eine einheitliche Position geeinigt. Man könne nur um Respekt und Verständnis dafür bitten, dass Überlebende das Berliner Mahnmal nicht mit dem Namen Degussa in Verbindung sehen möchten, erklärte der Präsident des Zentralrats, Paul Spiegel. Noch Mitte November hatte Spiegel nichts gegen eine Beteiligung der Firma am Holocaust-Mahnmal einzuwenden gehabt. UWE RADA