PROJEKT LUCHO – KOLUMBIENS LINKE BILDET ERSTMALS ZIVILE ALTERNATIVE
: Wechsel von unten

Als Wendemarke der kolumbianischen Politik könnte das vergangene Wochenende in die Geschichte eingehen. Mit der Blockade des Uribe-Referendums über wirtschaftspolitische Entscheidungen und den Voten für zahlreiche linksliberale Kandidaten bei den Bürgermeister- und Gouverneurswahlen haben die KolumbianerInnen dem Kriegskurs ihres Präsidenten einen empfindlichen Dämpfer versetzt.

Zum ersten Mal seit 1991, als die ehemalige Guerillabewegung M-19 ein Drittel der Sitze in der verfassunggebenden Versammlung besetzen konnte, eröffnet sich nun eine zivile Alternative zu den Militaristen des Establishments, aber auch zu den unverändert aktiven Guerillagruppen Farc und ELN.

Vor allem der Sieg von Lucho Garzón in Bogotá gibt all jenen Auftrieb, die sich gegen den Guerillakrieg und den neoliberalen, US-freundlichen Kurs Álvaro Uribes engagieren.

Kaum beachtet von der Weltöffentlichkeit, die seit anderthalb Jahren auf den angeblich hochpopulären Uribe fixiert ist, hat Garzón den Großteil der zerstrittenen kolumbianischen Linken um sich geschart. Schon länger schwebt Garzón ein sozialdemokratisches Projekt vor, das auf der Basis von erfolgreichen Kommunal- und Regionalverwaltungen wachsen soll. Folgerichtig ist daher sein Entschluss, diesen Weg über das Amt des Bürgermeisters von Bogotá zu gehen. Dabei kommt ihm entgegen, dass seine Vorgänger gute Vorarbeit geleistet haben.

Allerdings kann Garzón, anders als sein großes Vorbild Lula, nicht auf eine gewachsene Parteistruktur zurückgreifen. Auch die Vernetzung der progressiven Regionalprojekte, die es in den letzten Jahren immer wieder gegeben hat, steht erst noch bevor. Schließlich gilt es, aus dem Scheitern der M-19 zu lernen, die sich allzu bereitwillig in den Staatsapparat einbinden ließ und kein eigenes Profil entwickelte. Im Schlepptau der USA hat sich die Europäische Union im letzten Jahr dem scheinbar alternativlosen Präsidenten Uribe bedenklich angenähert. Nun wird sie umdenken müssen.

GERHARD DILGER