Alternativloser Krieg?

betr.: „10 Jahre Nato-Krieg um das Kosovo: Sündenfall oder Friedensmission“, taz vom 23. 3. 09

In klassischer Pro-contra-Manier geht das taz-dossier das Thema an: Rathfelders „Es musste sein“ steht gegen Gaus’ „Sieg für den Moment“ und Zumachs „Bruch des Völkerrechts“ und wird damit entschieden relativiert. Der Krieg musste also vielleicht doch nicht sein? Die friedenspolitisch wesentlichste Aussage finde ich bei Zumach: „Ein ‚gemeinsames Vorgehen der UNO‘ haben die drei ständigen Westmächte im Sicherheitsrat niemals ernsthaft mit Russland erörtert.“ Das ist auch meine Erinnerung: Eine andere als die militärische Option wurde nicht ernsthaft geprüft.

Die Bilder auf den Seiten 4 und 5 sprechen aber schon eine andere Sprache: Leidende Kosovo-Albaner neben Steine werfenden vermummten Serben auf der einen, eine intakte Großstadt mit lediglich einer dunklen Rauchwolke auf der anderen Seite: Gab es bei den Bombenangriffen der Nato keine Toten und Verletzten? Die Titelseite setzt diese Verdrehung fort: ein Bild für jeden Technikfreak, bewundernswert „saubere“ Technik über eindrucksvoller Bergkulisse. „Alle Ängste und Sorgen bleiben darunter verborgen!“ Und in der Ankündigung wird die Reihenfolge der Artikel umgedreht. Am Ende steht: „Der Krieg hat […] neue Hoffnungen gebracht.“

Bettina Gaus hat recht: Am Ende stehen die Nato und ihre Vormacht, bei weltweitem militärischem Engagement, geschwächt da. Aber warum? Wegen zu wenig oder zu viel, zu ausschließlich militärischen Denkens? Brauchen wir nicht vielleicht andere, zivile Strukturen statt Nato? Müssen wir nicht, wie es Zumach im Ansatz hier und deutlicher in seinen anderen Publikationen tut, untersuchen, wie und warum in bestimmten historischen Situationen die militärische Option gewählt und als alternativlos hingestellt wurde – und weiterhin wird? WOLFGANG WIEMERS, Münster