Der Chateau Pétrus kostet jetzt 500 Euro weniger

Jürgen Drawert verkauft alte und seltene Weine. Ihre Preise werden von Spekulanten bestimmt – doch es gibt Ausnahmen. Teil 12 der taz-Serie über Berliner Weinhandlungen

Seinen ersten Wein ersteigerte Jürgen Drawert als Student. Es war ein 1899 Chateau Latour und Drawert zahlte dafür beim Aktionshaus Christie’s 500 Mark. Das war Mitte der 70er – heute müsste man für diesen Bordeauxwein viel tiefer in die Tasche greifen. Auf 3.000 bis 5.000 Euro schätzt Drawert den Wert.

Jürgen Drawert ist Inhaber des „Cave du Connaisseur“ in Waidmannslust. Keine gewöhnliche Weinhandlung, denn es gibt keinen Verkaufsraum, sondern zwei Keller, in denen die „Feinen und Seltenen Weine“ in Kisten und Regalen lagern. Zwischen 10.000 und 15.000 Flaschen zählt das Angebot, darunter auch ein 1792 Madeira oder eine 1934 Trockenbeerenauslese aus Nierstein. Bordeaux-Jahrgänge von 1922 bis 2004 werden in dem gut fünfzigseitigen Verkaufsprospekt beschrieben, sie sind die Lieblingsweine des 54-Jährigen. „Seit ich 17 war und anfing zu kochen, haben mich ältere Weine fasziniert und Bordeaux, das sind nun mal die Klassiker“, sagt er.

Wie zum Beispiel der 1959 Hautes Rouzes aus Pomerol, der noch direkt aus den Kellern des Châteaus stammt. Durch die perfekte Lagerung und auch den besonders guten Jahrgang wirkt er, so die Ansicht des Händlers, noch erstaunlich jung. Doch wie kann man erkennen, dass es sich um einen älteren Wein handelt? Drawert: „Zunächst verrät die Farbe das Alter. Das ursprüngliche Purpurrot hat sich in ein Granatrot gewandelt. Zum anderen ist es die Nase, die bei diesem Wein eher von Trockenpflaumen, Lakritze und Leder geprägt wird als von frischen Früchten.“

Der Pomerol kostet 175 Euro, doch auch, wer nur 50 Euro für einen gereiften Wein ausgeben möchte, wird hier fündig. Angeboten werden inzwischen auch jüngere Weine: Raritäten aus Chile oder dem Libanon, aus seltenen Rebsorten oder sehr alten Weinstöcken. Seine Weine importiert Drawert meist direkt und kann sie weitaus günstiger anbieten als zum Beispiel das KaDeWe. Mehrmals im Jahr reist er zu Versteigerungen nach London, kauft aber auch private Weinkeller auf. Doch hier hat er in letzter Zeit Probleme. „Wegen der Finanzkrise fallen die Preise und viele Privatleute wollen derzeit nicht verkaufen.“ Konkret bedeutet das: Während ein 1990 Chateau Pétrus im Dezember noch 2.900 Euro kostete, ist er nun „nur“ noch 2.200 Euro wert.

Doch was ist eigentlich der wirkliche Wert eines Weines? Spiegelt der Preis tatsächlich die Qualität wieder? Das sind Fragen, die Drawert sehr häufig gestellt werden – und er hat eine ehrliche Antwort darauf. „Ich denke, dass man zwischen fünf und 15 Euro, und dann zwischen 15 und 50 Euro deutliche Qualitätsunterschiede feststellen kann. Doch danach werden diese Unterschiede immer geringer.“

Die Preise der Weine sind natürlich das Ergebnis von Spekulation mit dem raren Gut. Die aktivsten Händler kommen aus Japan, China und Russland und die Geschichte, dass die Neureichen dort Bordeaux wie Cola trinken, kann man immer wieder lesen. Doch es gibt Weine, für die sich die Spekulanten weniger interessieren. Drawert: „Bei älteren Jahrgängen und Chateaus, die sie nicht kennen, halten die Asiaten sich zurück. Daher haben Weine aus den 70er Jahren ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Die wirklich große Spekulation begann erst mit dem Jahrhundertweinjahr 1982.“

Im Jahr 1982 begann aber noch etwas ganz anderes. Es war das Jahr, in dem der Weinkritiker Robert Parker erstmals an die Öffentlichkeit trat. Drawert: „Von nun an bestimmte er, wie Wein zu schmecken hat, und so wurden sich die Weine immer ähnlicher.“ Für Händler wie Drawert hatte das besondere Konsequenzen: „Die Weine sind jetzt schneller trinkreif. Viele Experten bezweifeln, dass sie alt werden können.“ Vielleicht sollte man schnell noch diesen 1970 La Gaffelière kaufen … SABINE HERRE

Die Weinhandlung: Cave du Connaisseur, Zabel-Krüger-Damm 61a, 13469 Berlin, S-Bahn-Station Waidmannslust, Tel. 49 89 35 43, keine festen Öffnungszeiten, vorher anrufen.

Das besondere Angebot: Jürgen Drawert organisiert für Gruppen ab vier Personen Weindegustationsmenüs.

Der Weintipp von Jürgen Drawert: 2001 Chateau Musar, Libanon, Sonderpreis für taz-Leser bis nächsten Dienstag 23,74 Euro. Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Cinsault und Carignan. „Der Musar zeigt eine komplexe Nase mit Noten von Zedernholz, Tabak, Backobst, schwarzen Johannisbeeren und Schattenmorellen. Am Gaumen intensive Aromen von roten Kirschen und dunkler Schokolade. Alles ist gut eingebunden in samtige Tannine mit einem langen Nachhall.“

Der nächste Teil der taz-Serie erscheint am 28.April