Schwerste Waldbrände seit über zehn Jahren

Auf 200 Kilometern brennen Kaliforniens Wälder. Städtewachstum und fehlende Waldpflege zählen zu den Gründen

WASHINGTON taz ■ Kalifornien erlebt die schwerste Feuersbrunst seit über zehn Jahren. Mehrere große Waldbrände wüten in dem Westküstenstaat auf einer Länge von rund 200 Kilometern von Los Angeles bis in den Norden Mexikos. 17 Menschen starben in den Flammen. Bislang wurden mehr als 1.500 Häuser zerstört, weitere 30.000 Gebäude sind nach Einschätzung der Feuerwehr gefährdet.

Obwohl die heißen Wüstenwinde, beständiger Motor der Brände, zum Anfang der Woche nachließen, gaben die Behörden keine Entwarnung. US-Präsident George W. Bush erklärte vier Landkreise zum Katastrophengebiet und sicherte ihnen damit Bundeshilfen zu. Gouverneur Gray Davis mobilisierte die Nationalgarde und forderte Rettungskräfte aus Nachbarstaaten an, um die im Einsatz befindlichen 8.000 Feuerwehrleute zu unterstützen.

Die Flammen wüteten in Südkalifornien bisher auf 2.000 Quadratkilometern, einer Fläche fast so groß wie das Saarland. Nach ersten Schätzungen gehen die Schäden der Katastrophe in Milliardenhöhe. Tausende Menschen sind auf der Flucht. Zehntausende Haushalte sind ohne Strom, da die Stromleitungen beschädigt wurden. In den Millionenmetropolen verdunkeln riesige Rauchschwaden den Himmel. In vielen Krankenhäusern werden Verletzte mit schweren Rauchvergiftungen und Verbrennungen behandelt.

Auslöser von mindestens zwei Feuern soll nach Angaben der Polizei Brandstiftung sein. Die Ursachen der anderen Brände sind bislang unklar. Was auch immer die Flammen entfacht hat, ihre rasante Ausbreitung und gewaltige Zerstörungskraft wurden durch die Kombination extremer Wetterbedingungen und menschengemachter Faktoren begünstigt. Die gesamte Region leidet unter einer schweren Trockenheit. Seit über einem halben Jahr hat es nicht geregnet. Heiße Winde, die aus den Wüsten Nevadas und Kaliforniens zum Pazifik wehen, verwandeln den Süden des „Golden State“ momentan in einen Glutofen. Die hohe Windgeschwindigkeit und der häufige Richtungswechsel stellen für Feuerwehr und Rettungskräfte einen Alptraum dar.

Die Waldbrandgefahr war der Landesregierung wohl bewusst. Doch die leeren Haushaltskassen Kaliforniens verhinderten eine präventive Forstwirtschaft, um zum Beispiel trockenes Unterholz zu beseitigen oder Brandschneisen zu schlagen.

Zu den wichtigsten Gründen für das Ausmaß der Zerstörung zählt jedoch das rasante und oft unkontrollierte Wachstum der Vorstädte. Siedlungen und Wälder trennen keine Pufferzone mehr. Aufgrund von Erdbebengefahr und billiger Konstruktion sind viele Häuser aus Holz gebaut, die in wenigen Minuten bis zum Fundament abbrennen. Der anhaltende „Urban Sprawl“, wie das uferlose Wachstum der US-Städte bezeichnet wird, lässt befürchten, dass solche Feuerkatastrophen in Zukunft zu immer größeren Schäden führen werden. MICHAEL STRECK