Köln bleibt aufrecht

Dem Angriff von „Welt Kompakt“ setzt der Kölner DuMont-Verlag mit dem Tabloid „Direkt“ ein eigenes Format entgegen. Es soll Geld bringen

VON SEBASTIAN SEDLMAYR

Auf dem Kölner Zeitungsmarkt ist seit einer Woche alles anders, könnte man meinen. Es gibt neue Tageszeitungen. Ungewöhnlich ist das auf den ersten Blick zwar nicht. In vielen Städten verbreiten sich die „Tabloids“ Welt Kompakt (WK) von Springer und News aus dem Hause Holtzbrinck. Seit 4. Oktober ist WK auch in Köln zu haben.

Doch hier begnügt sich der lokale Zeitungsverlag nicht mit lahmen „Wir stärken die Regionalberichterstattung“-Reaktionen wie in Frankfurt. Nein. Hier steht der stets wachsame Traditionsverlag M. DuMont Schauberg (MDS) Gewehr bei Fuß, wenn in seinem Revier gewildert wird. Mit Kölner Stadt-Anzeiger Direkt (KStAD) hat MDS jetzt selbst ein Tabloid herausgebracht, noch kleiner als WK. Zurzeit wird noch gratis verteilt, ab Montag soll es für 50 Cent über die Kiosktheke gehen. Außer dem Express erscheinen der Kölner Stadt-Anzeiger und die Kölnische Rundschau im MDS-Verlag. Springers Bild Zeitung und die taz haben einen Kölner Lokalteil.

Die beiden Großen, Springer und MDS, führten in Köln fast fünfzig Jahre lang ein Parallelleben. Im so genannten Kölner Zeitungskrieg von 1999 bis 2001 wehrten sie gemeinsam den Angriff des norwegischen Schibsted-Verlags ab, der mit der Gratiszeitung 20 Minuten den Markt erobern wollte. MDS und Springer legten ihm gleich zwei Abwehrprodukte auf die Brust: Kölner Morgen und KölnExtra. Nach anderthalb Jahren zog Schibsted sein Blatt entnervt zurück. Zu viel Verlust war angelaufen. Postwendend stellten auch MDS und Springer den Betrieb ihrer Gratiszeitungen ein.

Nachdem Alfred Neven DuMont den Express als Pendant zu Bild erfand, präsentiert diesmal sein Sohn Konstantin mit KStAD sein Gesellenstück. „Wir dürfen uns mit den zurückgehenden Leserzahlen nicht abfinden“, mahnt der 34-jährige Jungverleger. Die Devise heißt wie damals beim Express: Geld verdienen.

Droht nun mit WK und KStAD ein neuer Zeitungskrieg? Die Voraussetzung scheint dieselbe: Eine neue Zeitung bringt das Mächtegleichgewicht durcheinander. Doch die Situation ist nicht vergleichbar mit 1999. Denn der Angriff kommt ja nicht von außen. Außerdem geht es MDS offenbar nicht darum, WK wieder aus dem Markt zu drängen, sondern in einem von Springer eröffneten Segment mitzuverdienen.

Analog zu WK ist auch der Anspruch von KStAD, wohlmeinend formuliert: serviceorientiert. „Richterin droht eBay“ war der Titel der Nullnummer vom 30. September – eine Agenturmeldung. Wie beim Schwesterblatt WK ist Eigenrecherche auch bei KStAD nicht vorgesehen. Die Arbeit erledigen die Redakteure des Kölner Stadt-Anzeiger. Deren Texte werden den Agenturmeldungen beigemengt.

Dass sich WK mit täglich zwei Seiten NRW begnügt, auf denen Köln eher zufällig vorkommt, zeigt umgekehrt auch die Halbherzigkeit des Angriffs auf DuMonts Terrain. KStAD hat immerhin drei Seiten „Stadt“ mit zusammengekürzten Artikeln aus dem Stadt-Anzeiger.

Springer und DuMont – diese Partnerschaft hat in Köln eben Tradition. Solange von draußen keiner reinfunkt. Holtzbrinck hält sich – noch – vorsichtig zurück: Derzeit gebe es keine Planungen, mit News in den Kölner Markt einzusteigen, teilte der zum Konzern gehörige Verlag Handelsblatt auf Anfrage mit. Vorläufiges Fazit: Der Kölner Zeitungsmarkt bleibt unter MDS und Springer aufgeteilt. Nichts Neues in Köln.