schurians runde welten
: Wenn es Nacht wird, Senoritas

„Borussia Dortmund ist ein Arbeiterverein, in dessen Tradition es liegt, die Ärmel aufzukrempeln und zu kämpfen.“ (Gerd Niebaum, Präsident)

Der Tradition wollten sie in Dortmund ein neues Zuhause geben. Deshalb haben sie ihre ersten Fernsehmillionen in Steine und Beine investiert, das schäbige Stadion in die Champions-League überführt, Titel gewonnen und verloren. Und weil Ende der 1990er Jahre selbst unter der Dusche der Bochumer Freizeitliga nicht nur rote Asche in die Gullis floss, weil selbst hier Börsenkurse wie Bundesligaergebnisse analysiert wurden, wollte auch Dortmund in die Finanzwelt aufstiegen.

Bekanntlich brachte das Papiergeld nicht nur den Borussen Unglück. Aber nie hörte sich Arbeiternostalgie schaler an als letzte Woche aus dem Mund des Wirtschaftsanwalts Gerd Niebaum: Vor drei Jahren drohte er bereits mit Rücktritt und machte nur weiter, weil er zum hauptamtlichen Geschäftsführer der „Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA“ befördert wurde. „Nie habe er sich an Borussia bereichert“, sagte er jetzt blauäugig im Fernsehtalk mit dem noch blauäugigeren Boris Becker; wovon lebt Niebaum eigentlich?

Jetzt haftet der Präsident mit Manager Michael Meier persönlich für das Bilanzdefizit, für Finanztricks um Stadion-Verkauf und Rückholaktion, für seltsame Fax-Abmachungen mit Investoren – und letztlich muss der grinsend schlingernde Steuermann darauf hoffen, dass ihn wenigstens die Spekulanten noch aus der Nummer entlassen. Was das mit Fußball zu tun hat?

Nichts, aber viel mit dem Ruhrgebiet. Wer hier was ist, will Protz hinterlassen wie barocke Schrankwände, kirchturmhohe Fördertürme, industrielle Gesamtkunstwerke, Wohnfabriken. Schon damals wurde der Gigantismus mit einem Dienst an der Allgemeinheit verbrämt: Menschen lebten und arbeiteten dann in einem pornographischen Größenwahn der besonders Geschäftstüchtigen. Gegen Zeche Zollern, Zollverein, prospersche Haldengebirge und Krupp-Gürtel nehmen sich die beiden tolldreisten Fußballimperien im Revier ja fast bescheiden aus. Nur bestaunt werden sie wie damals, erklärt vieles.

16.10. Nachtarena

Die Schalke-Arena hockt auf dem Berger Feld, auch eine künstliche Erhebung die nur Sinn macht, wenn sie sich rechnet und nicht nur zum Durchschnittsfußball das Fanphonometer eingeblendet wird. Am Samstag soll nun House in das steile, fast beängstigende Bauwerk einziehen. Eine Dortmunder Eventagentur und das Schalke 04 Catering haben dafür Provinz-DJs engagiert und „Gogos und Feuerwerk“. Zum Chillen gehen sie dann hinaus auf den Balkon, glotzen auf „Highlights der Filmgeschichte“ und fläzen sich dazu in so genannte „Business-Sessel“, die man sich beim Fliegen noch Gefallen lässt – aber was hat das mit Fußball zu tun? CHRISTOPH SCHURIAN