Schnell, schnell! Iraks Polizeicorps kriegt Verstärkung

Nach wenigen Wochen Training sollen Wachleute auf die Straßen besonders gefährlicher Viertel Bagdads. Bush erzielt Erfolge an der Heimatfront

WASHINGTON taz ■ Nach der blutigen Anschlagsserie vom vergangenen Wochenende im Irak und der schärfer werdenen Kritik an der US-Besatzungsmacht, die Lage nicht unter Kontrolle zu haben, arbeitet das Weiße Haus mit Hochdruck an einem Strategiewechsel.

Da sich die US-Regierung aus Sorge um einen innenpolitischen Stimmungsumschwung strikt weigert, zusätzliche Truppen in den Irak zu schicken, soll der Aufbau irakischer Polizei-Einheiten forciert werden. Wachleute, die bisher beispielsweise an Pipelines oder in der Ölindustrie arbeiten, sollen nach nur wenigen Wochen Training in besonders gefährliche Viertel im Nordwesten Bagdads geschickt werden, wo es in letzter Zeit zu immer mehr Anschlägen kommt. Zudem wird darüber nachgedacht, ob sich ein Teil der 1.400 Soldaten und Geheimdienstler, die bisher erfolglos nach ABC-Waffen gesucht haben, nicht besser der Fahndung nach den Drahtziehern der Terroranschläge anschließen sollen.

Unterdessen drängt die US-Regierung den Kongress, die von Präsident George W. Bush geforderten 87 Milliarden Dollar für den Einsatz in Irak und Afghanistan rasch zu bewilligen. Dabei zeichnet sich ein Erfolg für das Weiße Haus ab. So vereinbarten Abgeordnentenhaus und Senat, dass die Finanzhilfen für den Irak nicht als Kredit gewährt werden sollen. Bush kann sich noch über eine andere gute Nachricht freuen: In der brisanten Untersuchung des Kongresses über die Frage, inwieweit Geheimdienstdaten über mögliche Waffenprogramme von Saddam Hussein übertrieben wurden, verstärkte der zuständige Geheimdienstausschuss die Kraftprobe mit der CIA und nahm das Weiße Haus damit aus der Schusslinie. Die Senatoren forderten CIA-Chef George Tenet ultimativ auf, bis Freitag alle Informationen auf den Tisch zu legen, die bei der Entscheidung für den Irakkrieg eine Rolle gespielt haben.

Der Kongress arbeitet an einem Report, der nach bisherigen Informationen der CIA vorwerfen wird, die Bedrohung durch Hussein falsch eingeschätzt zu haben. Die Opposition fürchtet, dass die CIA einseitig zum Sündenbock gemacht werden soll, um von Manipulationen des Weißen Hauses abzulenken. Wie berechtigt diese Sorge ist, zeigt ein Bericht des Magazins New Yorker vom vergangenen Samstag. Er belegt die dubiose Rolle der Bush-Regierung in der Frage, wer, ob und wie Geheimdienstinformationen frisiert hat. Demnach bestehe kein Zweifel, dass vor allem Vize Dick Cheney dafür verantwortlich ist, „rohes“ Geheimdienstmaterial, also nicht gegengeprüfte Informationen, als sichere Erkenntnisse präsentiert zu haben.

Systematisch habe das Weiße Haus existierende Filtermechanismen innerhalb der CIA außer Kraft gesetzt, die bisher davor schützten, dass falsche Geheimdienstdaten in die Hände der Regierung geraten. Stattdessen seien aus der Flut eingehender Daten diejenigen ausgesucht worden, die der eigenen Politik dienlich. Zudem schaffte man einen eigens im Pentagon angesiedelten Nachrichtendienst, der das Weiße Haus gezielt mit übertriebenen Meldungen über Husseins Waffenkapazitäten versorgte. Beide Vorgehensweisen haben zur wahrscheinlich schwersten Krise zwischen der CIA und einer US-Regierung geführt.

MICHAEL STRECK