Druck und Kontrolle

Sensible Migrations-Ausstellung im Museum der Arbeit

Es sind viele Geschichten, die die derzeit im Museum der Arbeit gezeigte Ausstellung Geteilte Welten – Einwanderer in Hamburg erzählt. Besonders eindrücklich wird dies in den filmisch festgehaltenen Interviews. Aus MigrantInnenperspektive wird da über den Titel sinniert. Während die einen von „Mitteilen“ und „Zusammen teilen“ sprechen, denken andere an „Oben und Unten“, an deutschen und nicht-deutschen Alltag, der sich mit „privilegiert“ und „benachteiligt“ übersetzen lässt.

Ziel der Ausstellung, so eine der Verantwortlichen, Anne Gaelle Rocher, sei es, zumindest in Schlaglichtern die jahrhundertealte Ein- und Auswanderungsgeschichte Hamburgs zu bebildern. Entsprechend weit sind die gespannten Zeitbögen. Während für die vergangenen Jahrhunderte meist auf Karten zurückgegriffen wurde, zeugen persönliche Exponate wie Fotos, Koffer, Hausrat oder Urkunden von der jüngeren Migrationsgeschichte.

Ein Großteil der Stücke stammt aus privatem Besitz der Einwanderer. Familienfotos von Vietnamflüchtlingen wechseln sich ab mit Bildern von der Ankunft angeworbener Arbeitskräfte während der so genannten Gastarbeiter-Ära. Bunte Werbetafeln verweisen auch auf Hagenbecks unrühmliche „Völkerschauen“ des 19. Jahrhunderts und die beleidigenden Kolonialphantasien der Deutschen.

Selbst über die chinesische Präsenz Anfang des 20. Jahrhunderts in St. Pauli ist etwas zu lesen. „Arbeitswelten und Wohnheime“ lautet hier der lakonische Titel. Dass sich dahinter mehrsprachige Plakate mit Arbeits- und Sicherheitshinweisen sowie Streikdokumente von MigrantInnen und Deutschen gegen ausbeuterische und rassistische Arbeitsverhältnisse finden, ist nur eine von vielen positiven Überraschungen.

Zwar mag das Gemisch von Orten, Jahreszahlen und persönlichen Geschichten einen eklektischen Beigeschmack hinterlassen. Aber wer vermag etwa eine Wohn- von einer Arbeitsbeziehung zu trennen, ohne die entsprechenden Verbindungen zu kappen? Dass Hamburgs Migrationsgeschichte sich immer zwischen Disziplinierung und Ausbeutung bewegte, darauf verweist nicht nur die Lithographie über die Auswandererhallen auf der Veddel von 1910. Das belegen auch Dokumente, polizeiliche Papiere und Gesetzesvorschriften für EinwandererInnen.

In einem Teil der Schau wird es sogar ungemütlich: Während die BetrachterInnen einen schräg aufgebauten Weg entlanggehen, baut sich seitlich eine hohe Wand auf. Der Abstand der Stellwand ist zur gegenüberliegenden nur gering; man quetscht sich durch und wird von den aus dem Asylgesetz entnommenen und überdimensional vergrößerten Paragraphen schier erschlagen. Die Assoziation funktioniert. JONAS BERHE

Mo 13–21, Di– Sa 10–17, So bis 10–18 Uhr, Museum der Arbeit, Wiesendamm 3; bis 18. 4. 2004