meinhard rohr zur lage der nation im spiegel seines wissens
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Es geht ein Bazillus um in Deutschland – das Bazillus der Krankheit, des Siechtums, der Hinfälligkeit. Schon 1968, als ich leider noch zu den Linken gehörte, munkelten wir vom Gespenst der Grippe. Husten, Schnupfen, Heiserkeit machten jede Agitation unmöglich. Zumindest mir. Ich litt an den Verhältnissen bei geschlossenen Fenstern, schwitzte Keime aus, roch unangenehm. Heute ist es wieder so weit. Die Grippewelle rollt über Deutschland, und ich habe es nicht geschafft, unter ihr durchzutauchen. Es hat mich gepackt, wie mich sonst nur die kalte Wut packt.

Allzu gerne würde ich mir nun die Zeit vertreiben, verscheuchen und vernichten. Und zwar mit den „Verlockungen des Fernsehen“, wie Baz Luhmann die Flimmerkiste einmal scherzhaft nannte. Und nun das: kein Programm, nirgends. Nicht im Spiegel meines Wissens, nicht in der Tageszeitung meiner Wahl. Ich fühle mich allein gelassen, krank, darbend. Und vor allem: schlecht unterhalten, informiert und gevögelt. So kann das nicht weitergehen! Oder doch?

Diese Kolumne erscheint in loser, aber leider häufiger Reihenfolge.