Mutmaßlicher Kriegsverbrecher frei

Weil sich der Kronzeuge der Anklage nicht wirklich erinnern kann, hebt das Münchner Schwurgericht den Haftbefehl gegen Ladislav Niznansky auf

MÜNCHEN taz ■ Das Münchner Schwurgericht hat den Haftbefehl gegen den mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher Ladislav Niznansky aufgehoben. Der 86-Jährige war im Januar 2004 verhaftet worden und saß seitdem in Untersuchungshaft. Er soll für zwei Massaker in der Slowakei im Januar 1945 verantwortlich gewesen sein, bei denen insgesamt 164 Zivilisten ermordet wurden. Doch in dieser Woche hatte sich einer der Hauptbelastungszeugen bei seiner Aussage in heillose Widersprüche verwickelt.

Der 79-jährige Jan Repasky, Kronzeuge der Anklage, beschuldigte Niznansky zwar, als Kommandeur der slowakischen Partisanenbekämpfungseinheit Spezialkommando „Edelweiß“ die Morde befohlen zu haben und eine Reihe von Zivilisten eigenhändig erschossen zu haben; dann aber sagte er aus, er könne sich nicht mehr erinnern, wer geschossen habe und ob der Angeklagte überhaupt an den Tatorten in Ostrý Grún’ und Kl’ak gewesen sei. Zudem verwechselte er ihn zeitweilig mit einem anderen Kommandeur.

Weil zuvor bereits andere Zeugen Aussagen widerriefen, die sie 1962 vor einem Gericht in der ČSSR gemacht hatten, stellte das Gericht nun keinen „dringenden Tatverdacht“ mehr fest. Der Prozess wird nächsten Dienstag fortgesetzt. Gegenüber der taz wollte sich die Staatsanwaltschaft jedoch nicht äußern, ob weitere Belastungszeugen vernommen werden sollen. Zwar stellte selbst Verteidiger Steffen Ufer fest, dass Niznansky „unzweifelhaft in die Vorgänge verstrickt“ gewesen sei, seine genaue Rolle ließe sich aber nach dem bisherigen Prozessverlauf kaum noch klären. Staatsanwalt Konstantin Kuchenbauer kritisierte die Haftentlassung und befürchtet Fluchtgefahr, weil Niznansky über ein erhebliches Vermögen verfügt. JÖRG SCHALLENBERG