Sanfte neue Heimat

V.B. Schulzes Bernsteinzimmer schießt den Space Park zum Mond. Denn das ist nicht der Ort, um nachzukarten

„Diese Seite ist auf unserem Webserver nicht mehr vorhanden oder verschoben worden“, heißt es auf einer offiziellen bremischen Touristik-Seite, wenn man dort nach dem Space Park sucht. Wo ist er hin? Würden Infotainment-Projekte dieser Größenordnung wie Elefanten funktionieren, sie träfen sich alle – vielleicht auf einer Wiese im Brandenburgischen – zum Sterben. Wahrscheinlich schämt sich der Space Park aber nur, so sehr haben alle immer über ihn gelacht. Alle? Ein kleines hiesiges Konsortium glaubt noch an ihn.

Es gelte, ein neues Kapitel aufzuschlagen, verkündet der in silbernen Zwirn gekleidete Leiter von V.B. Schulzes Bernsteinzimmer. Dies sei nicht der Ort, nachzukarten. „Space Park darf nicht sterben“, haben die Schulzes ihr Programm in Anlehnung an ältere prominente Rettungsversuche exotischer Flora und Fauna betitelt. Die musikalische Reise führt „auf dem Traktorstrahl so nah wie möglich heran an das Schwarze Loch“. Pause. „Es ist ein sehr kleines Schwarzes Loch.“ Die astromaterialistische Beschaffenheit desselben zwinge dazu, „alles nochmal zu durchleben, was bisher geschah“.

Die Schulzes machen aus der strukturpolitischen Scheiternschronik kein satirisches Programm, sondern transformieren die Story vom nach den Sternen greifenden kleinstädtischen Wiederholungszwang in ein elektroakustisches Ambiente. Als gestisch-musikalischer Kommentar, fast wortlos, dafür mit psychedelischer Grundierung. Mit dem Charme einer missglückten Kirmesattraktion, bei der man als Siebenjähriger nie den harten Sessel unterm Hintern vergessen kann, tropft der Bass trunkene Linien in den Raum. Leise zirpt die Elektronik. Und über allem thront die angenehm verschlafene Stimme des Sängers.

Vielleicht hat der Space Park zugehört, ein paar Pillen eingeworfen und – etwas besseres als den Tod... – beherzt den Startknopf betätigt. Richtung Mond und darüber hinaus. Gute Reise!

Tim Schomacker