Nach außen engagiert, zu Hause lahm

Der britische Premier Blair erklärt Klimaschutz zum Herzensanliegen. Druck auf die USA. Eigene Bilanz durchwachsen

BERLIN taz ■ Wenn Anfang November die Queen Deutschland besucht, wird auch Klimaschutz ein Thema sein. In der britischen Botschaft treffen Klimaschützer und Umweltminister zusammen, um Strategien für die G-8-Präsidentschaft des britischen Premiers Tony Blair für 2005 zu beraten. Denn für Großbritannien steht der Klimawandel, der nach Blairs Worten „das menschliche Dasein radikal verändern“ wird, ganz oben auf der Agenda.

Nun will Blair während seiner G-8-Führung drei Ziele erreichen: Erstens einen Konsens unter den G 8 über Klimaschutz herstellen, zweitens über geeignete Maßnahmen einig werden, und drittens China und Indien für bindenden Klimaschutz gewinnen.

Nachdem Russlands Präsident Wladimir Putin die Ratifizierung des Kioto-Protokolls vor zwei Wochen auf den Weg brachte, lastet nun ein ganz neuer Druck auf den Vereinigten Staaten. Sie sind die einzigen Bremser unter den Industriestaaten der G 8, und sie hatten am lautesten einen Beitrag Chinas eingefordert. Es ist also klar, dass Blairs Initiative vor allem auf den Verbündeten USA zielt. Entsprechend wohlwollend urteilen Umweltschützer, etwa der Klimaexperte des WWF-UK, Andrew Lee: „Der Premier ist die einzige Person, die internationales Handeln wiederbeleben kann.“

Doch die heimische Bilanz Blairs ist nicht ganz so gut. Seit 1997 steigen die Emissionen wieder an. Und ähnlich wie Deutschland wird Großbritannien sein Kioto-Ziel wohl erfüllen, sein nationales Ziel (minus 20 Prozent bis 2010) aber vermutlich verfehlen – wenn Blair nicht noch zu harschen Maßnahmen greift. „Seine Glaubwürdigkeit könnte ernsthaft Schaden erleiden“, sagt Lee, „wenn die Regierung nicht bei Energieversorgung, Haushalt und Verkehr mehr tut.“

Selbst bei den erneuerbaren Energien, wo sich Blairs Regierung vergangenes Jahr vornahm, einen Anteil von 10 Prozent bis 2010 zu erreichen, kann sie nicht überzeugen. Der Forschungsausschuss des Oberhauses attestierte ihm im Sommer, die Energieprobleme nicht „ernst genug zu nehmen“. Zwar schrieb die Regierung den Stromerzeugern Quoten für erneuerbare Energien vor. Wer sie nicht einhält, muss so genannte „Renewable Obligations“, eine Art Schuldverschreibung, bei den Produzenten von Ökostrom kaufen. Die finanzieren damit die Lücke zwischen Erzeuger- und Marktpreisen. Doch dieses System führt dazu, dass vor allem in die billigste Ökoenergie investiert wird: die Windkraft. Energie aus Biomasse hingegen hat bislang anders als in anderen EU-Staaten kaum Bedeutung, wie Regierungsberater kritisieren. Um das ein wenig zu ändern, legte die Regierung nun ein Förderprogramm für Biomasse auf. Insgesamt 5 Millionen Euro sollen dafür bereitstehen. Ein im Vergleich mit deutschen Programmen lächerlicher Betrag. MATTHIAS URBACH