Die Zukunft der Autoindustrie ist rot

Die Fahrzeugkonzerne debattieren im chinesischen Schanghai: Welcher Motor ist der richtige, um hunderte Millionen neuer Autos in Asien anzutreiben – Diesel, Hybrid, Brennstoffzelle? Daran entscheidet sich, welcher Konzern die Nase vorn hat

AUS SCHANGHAI ANDREAS KNIE

Opel-Crash in Europa – doch die Musik in der Autoindustrie spielt eigentlich woanders. Das große Wachstum findet bald in Indien statt – und in China. Auf Einladung der chinesischen Regierung trafen sich jetzt mehr als 500 Experten aus aller Welt in Schanghai. Im Zentrum der Debatte stand die Frage, welcher der weltweit führenden Fahrzeughersteller mit welcher Antriebstechnologie die Nase vorn haben könnte. Organisiert hatten das Symposium die Tongji-Universität zusammen mit dem Michelin-Konzern.

In China entscheidet sich, ob die Ingenieure und Manager der Industrie auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts die angemessene Antwort finden. Zwar fahren in China zurzeit gerade mal über 23 Millionen Fahrzeuge, aber selbst bei bescheidenem Wirtschaftswachstum werden es 2010 mehr als 50 Millionen Einheiten sein. In weiteren 10 Jahren wird sich die Zahl vermutlich auf über 100 Millionen Einheiten verdoppeln. Mit den Fahrzeugen kommt aber nicht nur der Glanz der Marken und Modelle, es kommen auch die alten Probleme. In China sterben mehr als 100.000 Menschen jährlich im Straßenverkehr – in Deutschland sind es 4.000.

Und die vielen Fahrzeuge verbrauchen sehr viel Kraftstoff. Bereits im Jahre 2000 hat China mehr als 30 Prozent seines Erdölbedarfs importieren müssen. 2010, also im Jahr der Expo in Schanghai, sollen dies mehr als 150 Millionen Tonnen sein und damit mehr, als der Weltmarkt hergeben würde. „China kann den europäischen Technologiepfad nicht fortsetzen, wir müssen uns von der Tradition Ottos und Diesels lösen“, sagt Professor Wan Gang, Präsident der Tongji-Universität und Koordinator eines staatlichen Forschungsprogramms für neue Antriebsgenerationen. Wan Gang kann als langjähriger Manager bei Audi auf beachtliche Erfolge verweisen. Von den mehr als 45.000 Taxis in Schanghai tanken bereits über 38.000 Flüssiggas. An der Tongji-Universität selbst wird intensiv an Brennstoffzellen für den Einsatz im Fahrzeug geforscht. Mit „Start II“ wurde erstmals ein Prototyp auf dem Symposium vorgestellt, der in den von einer internationalen Jury gemessenen Leistungsdaten alle anderen europäischen Brennstoffzellen-Fahrzeuge teils deutlich übertraf. Dieser völlig umgebaute VW Santana ist aber nicht die einzige Fortentwicklung von Volkswagen: In einer Weltpremiere stellte der Konzern auch für die Fachwelt völlig überraschend mit dem Touran und dem Audi A2 zwei Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb vor.

Dennoch tun sich die deutschen Hersteller schwer mit der chinesischen Herausforderung: Statt die Welturaufführung ihrer Wasserstoffprototypen angemessen und glaubwürdig zu präsentieren, legten sich die Vertreter des Volkswagen-Konzerns lieber auf die Fortsetzung des konventionellen Weges fest. Während VW immerhin noch auf den verstärkten Einsatz von Biodiesel hofft, rechnete der Audi-Vertreter dem erstaunten chinesischen Auditorium Folgendes vor: Hätte China bereits jetzt den gleichen Dieselanteil wie Deutschland, würde sich der Verbrauch sofort um mehr als 46 Prozent reduzieren lassen. Da hielt es die UN-Umweltdirektorin Monique Barbut nicht mehr auf ihrem Sitz. Sie konterte mit dem Hinweis auf die vergleichsweise hohe Schadstoffkonzentration dieser Antriebsart.

Die amerikanischen Konzerne Ford und GM verhalten sich diplomatischer. Deren Ingenieure tendieren zu einer Lösung, wie sie im Toyota Prius steckt: Das Hybridfahrzeug, ausgestattet mit einem kleinen Ottomotor und einem leistungsstarken Elektroantrieb, ist bereits in zweiter Generation mit beachtlichem Erfolg am Markt erhältlich.