Sonderangebot von Billig-Airline führt zu Verwirrung

Werden Flugtickets zum Nulltarif angeboten, fallen immer noch Gebühren an. Wo die hingehen, ist vielen ein Rätsel

DORTMUND taz ■ „Fliegen zum Taxipreis“ - Schnäppchenjäger bekommen bei solchen Werbesprüchen glänzende Augen. Für neuen Gesprächsstoff hat jetzt der Billig-Anbieter easyJet gesorgt. Sage und schreibe 50.000 Sitzplätze wurden zu einem Preis verscherbelt, bei dem Taxifahrer selbst auf kurzen Strecken schwerlich mithalten können: 0,00 Euro auf allen Dortmunder Strecken lautete das Angebot. Immerhin sieht das Programm Flüge nach Alicante, Budapest, Krakau, London, Nizza, Palma de Mallorca, Paris, Prag und Rom vor. Ray Webster, der Vorstandschef von easyJet, will die Aktion als Danksagung an seine Kundschaft für das „positive Echo in der Region“ verstanden wissen. Seit Sommer fliegt die Airline ab Dortmund. Die Resonanz sei großartig.

Völlig umsonst waren aber auch diese Tickets nicht zu haben. Die pauschal erhobenen Kosten in Höhe von 19,50 Euro setzten sich nach Angaben von easyJet „einzig und allein aus Steuern und Gebühren“ zusammen. Auf Anfrage erklärt die Londoner Konzern-Zentrale, dass der Betrag 6,50 Euro Kreditkartengebühr sowie 13,00 Euro Flughafensteuer enthalte. Martin Symanneck, Sprecher des Dortmunder Flughafens sagt: „Der Begriff Flughafengebühr ist so nicht richtig. Er suggeriert, dass die Airline an den Flughafen Gebühren entrichtet. Allerdings sehen wir von diesen 19,50 Euro keinen Cent. So genau kann ihnen keiner sagen, was da wo hingeht“. Dass es sich bei einem Teil des Betrages um das so genannte Flughafennutzungsentgelt handelt, das Airlines für Flughafen-Dienstleistungen zu entrichten haben, weist er von sich. „Diese Gebühr“, so Symanneck, „hat mit dem Flugpreis nichts zu tun“. Die fließe völlig unabhängig davon.

Bleibt die Frage nach den 13,00 Euro. Oliver Kurz, ebenfalls Sprecher des Dortmunder Flughafens, erklärt, dass diese „Steuern“ dem Land Nordrhein-Westfalen zukämen, darunter 4,97 Euro für die Flugsicherungsgebühr. Für die Flugsicherung auf internationalen Strecken ist die Europäische Organisation zur Sicherung der Luftfahrt (Eurocontrol) zuständig, in Deutschland ist das die Aufgabe der Deutschen Flugsicherung (DFS). Die grundsätzliche Zusammensetzung der Flugsicherungsgebühren kann auf der firmeneigenen Webseite von jedem eingesehen werden. Demnach lässt sie sich in die Komponenten Strecken- und Anfluggebühr aufteilen. Empfänger sind schließlich Eurocontrol, DFS und der Bund.

Sina Arndt, Sprecherin bei DFS, versichert, dass es bei ihnen „keine subjektive Gebührenerhebung“ gibt. Auch Billiganbieter würden nicht bevorzugt. Jeder bezahle das gleiche. „4,97 Euro“, so Arndt weiter, „sind allerdings definitiv zu wenig“. Das ließe sich nur über höhere Preise bei anderen Tickets kompensieren. Das bedeutet, dass viele Passagiere mehr zahlen müssen, damit einige wenige zum Schnäppchenpreis fliegen können. Darüber hinaus findet Arndt, dass die genaue Zusammensetzung von Flugpreisen sehr kompliziert ist. „Darüber weiß einfach keiner so richtig Bescheid“.

Es gibt schon länger Streit um die bevorzugte Behandlung von Billig-Airlines an einigen Flughäfen (die taz berichtete). Lufthansa und Hapag Lloyd kündigten an, ihre Gebührenzahlungen an den Dortmunder Flughafen um 80 Prozent zu reduzieren. Auf das Gebühren-Wirrwarr bei der Konkurrenz angesprochen, weiß auch Frank Püttmann, Sprecher der Lufthansa in NRW, keinen Rat: „Mir ist schleierhaft, worum es sich bei der Gebühr letztlich handelt“. Eine Flugsicherungsgebühr über 4,97 Euro hält er für realistisch. Er vermutet allerdings, dass es sich bei dem easyJet-Angebot um eine Täuschung handelt.

Die Juristen der Verbraucherverbände beobachten das Informations-Defizit bei Flugpreis-Zusammensetzungen bereits seit längerem. Beate Wagner, Rechtsanwältin und bei der NRW-Verbraucherzentrale für Reiserecht zuständig, sagt: „Die Gebühren-Ausweisung sollte erklären, wohin die Gelder letztendlich fließen und zwar unabhängig davon, ob sie an Flughafen, Staatskasse oder Airline gehen“. KARSTEN SCHÜLE