semiprominenz vor gericht
: Der Sohn von Uschi Glas hat Probleme mit der Gewalt, seinem Anwalt und der Klatschpresse

Benjamin Tewaag ist ein semiprominenter Moderator und Fernsehproduzent und zudem Sohn des Beinahe-Stars Uschi Glas. Und weil das so ist, strömen Klatschjournalisten immer in die Gerichtssäle, wenn er angeklagt ist. In Dresden interessierten sie sich für eine Schlägerei im Bordell, in München berichteten sie über eine Körperverletzung mittels angezündetem Rum, den Tewaag zuvor über einen Kameramann ausgegossen hatte. In einem österreichischen Gericht war wichtig, dass er in Kitzbühel einen Mann in den Hals gebissen haben soll. Vielleicht schlägt, gießt und beißt Tewaag aber auch nur, damit die Klatschjournalisten hinterher Überschriften wie „Bad Boy Ben – mysteriöse Szene-Prügelei“ oder „Wilder Ben – Weiße Weste?“ schreiben.

Gestern mussten die Tratschreporter nach Berlin kommen, denn vor dem Amtsgericht in Moabit ging es darum, dass Tewaag mit dem Kopf eine Schiebetür eingeschlagen und einen herbeigerufenen Polizisten mit „Du Idiot“ beleidigt haben soll. Eine Frau von Pro7 freut sich laut, weil „alles viel lockerer ist als in München“, insbesondere weil der Berliner Strafrichter Filmaufnahmen vor der Verhandlung gestattet hat.

Als die beginnt, erzählt Tewaag, dass er erst von einem Unbekannten in einer Disco-Toilette attackiert worden sei und Stunden später noch mal auf der Straße. Dass ein Unbekannter dann auch die Scheibe eingeschlagen habe. Und dass es daher ganz und gar ungerecht gewesen sei, als die Polizei dann nur ihm Handschellen anlegte. Mit seinen Schimpfworten habe er „die Situation allgemein“ und nicht den Polizisten gemeint. Da schreibt die Mitarbeiterin von Pro7 eine SMS: „Vorfall ereignete sich in einer Disco“.

Der Verteidiger von Benjamin Tewaag, Markus Roscher, sieht aus wie ein Erfolgsanwalt aus einer RTL-Serie. Vor Monaten hatte er einen pfiffigen Rechtsdeal mit dem Oberstaatsanwalt ausgehandelt: Tewaag muss nicht ins Gefängnis. Im Gegenzug sollte Tewaag eine siebenmonatige Bewährungsstrafe akzeptieren und 4.000 Euro an das Kinderhaus Sonnenblume zahlen. Das ist ein großzügiges Angebot, weil er wegen der Sache mit dem angezündeten Rum eigentlich noch unter Bewährung steht.

Allerdings stellt sich der Anwalt als weniger pfiffig heraus als gedacht. Denn er hat seinem Mandanten geraten, den Deal platzen zu lassen, auf den letzten Drücker Einspruch einzulegen, und großspurig angekündigt, in der Verhandlung, die nun folgen müsse, werde sich Tewaags Unschuld erweisen.

Der Richter und der Oberstaatsanwalt können so viel Dummheit nicht verstehen. Das sagen sie nicht so. Aber der Oberstaatsanwalt erklärt seelenruhig, warum es für Benjamin Tewaag besser gewesen wäre, die Sache nicht noch mal aufzurollen. So viel Geduld hat der Richter nicht. „Wer hat Ihnen denn die Zusage gemacht? War das vielleicht meine Wenigkeit?“, faucht er und später brüllt er nur noch, das sei unglaublich, das habe er noch nie erlebt. Der Anwalt erklärt den Richter schon mal für voreingenommen und beruft sich auf die Journalistin einer Tageszeitung, die ihm gesagt habe, dass sein Mandant doch noch ins Gefängnis müsse.

Benjamin Tewaag meldet sich leise: Er mache sich Sorgen, weil „die Stimmung zwischen Ihnen so komisch ist“. Staatsanwalt und Richter erklären ihm die Sache noch mal. Mit ihm sprechen sie wesentlich freundlicher als mit dem Anwalt. Am liebsten würden sie ihm wahrscheinlich sagen: Schmeiß deinen Anwalt raus, hör auf uns. Tewaag sagt: „Mir raucht der Kopf“. Das seien doch alles juristische Sachen.

Die Journalistin von Pro7 hat unterdessen schon wieder mehrere SMS an die Redaktion verschickt, es muss schnell gehen, jetzt stehen darin nur noch Codes wie „00 an 04“. Als Tewaag dann dem Deal doch noch zustimmt, ist die Verhandlung zu Ende und sie hat endlich Gelegenheit zu fragen: „Hat dich das als Mensch irgendwie verändert?“ Die Antwort ging zwischen den fünf Kamerateams, die sich mit Tewaag in einen Lift drängelten, leider unter. MAREKE ADEN