Die Ölversorgung des Westens geht vor

Proteste von Umweltschützern ohne Erfolg: Weltbank finanziert Bau der Baku-Ceyhan-Pipeline durch den Kaukasus

BERLIN taz ■ Das Thema war so brisant, dass der Chef des Hauses persönlich gefragt war. So wartete der Führungskreis der Weltbanktochter IFC, bis James Wolffensohn wieder in Washington weilte. Am Dienstagabend war es so weit: Die 173 Mitgliedsländer der Weltbank genehmigten einen Kredit für den Bau der Pipeline zwischen Baku in Aserbaidschan und Ceyhan in der Türkei.

Mit rund 1.800 Kilometer Länge soll die Öl-Pipeline weltweit eine der längsten werden. Bauherr ist ein Konsortium aus elf Konzernen unter der Führung der British Petroleum (BP). Auch deutsche Firmen wie Siemens und Salzgitter sind mit 300 Millionen Dollar beteiligt. Über einen weiteren Kredit will die für die regionale Entwicklung zuständige Osteuropabank am 11. November entscheiden.

Das Projekt wird rund 3,6 Milliarden Dollar kosten. Die International Finance Corporation IFC, die bei der Weltbank für Kredite an Privatunternehmen zuständig ist, leiht 155 Millionen Dollar aus eigenen Mitteln und arrangiert die gleiche Summe noch einmal über kommerzielle Banken. 60 Millionen davon fließen in die Entwicklung des Ölfelds im Kaspischen Meer, 250 Millionen in die Pipeline.

Das erste Öl soll laut BP im September 2004 in die Rohre eingespeist werden. Profitieren wird neben den Betreibern vor allem Aserbaidschan, das in den nächsten 20 Jahren im Durchschnitt 1,5 Milliarden Dollar an dem Öl verdienen will. Die Türkei soll aus Transit- und Hafengebühren 75 Millionen erhalten, die Kaukasusrepublik Georgien, wirtschaftlich das schwächste der drei Länder, 25 Millionen.

Bis zuletzt hatten Umweltschützer gehofft, dass die Weltbank den Kredit nicht bewilligt. Die 40 Meter breite Trasse zur Verlegung der Röhren gehe durch eine „Schatzkammer der Artenvielfalt“, warnte der World Wide Fund for Nature.

Eine „Baku Ceyhan Kampagne“ aus 15 Umwelt- und Menschenrechtsgruppen hat das Projekt auf Umwelt- und Sozialstandards geprüft. Ergebnis: Die Pipeline erfüllt in 173 Punkten nicht die Anforderungen der Weltbank.

So seien nur zwei Prozent der Betroffenen persönlich konsultiert worden. Die Entschädigung für Landbesitzer sei „deutlich niedriger als versprochen“ ausgefallen. In Georgien verlaufe die Pipeline am Rande eines Nationalparks und durch das Einzugsgebiet einer Mineralwasserquelle. „Die Weltbank führt ihre eigenen Standards ad absurdum“, sagt Regine Richter vom Umweltverband Urgewald.

Ganz anders die Einschätzung der Weltbank-Tochter selbst: Dort heißt es, das Projekt sei „ein Meilenstein im Bestreben, beste Standards bei Umwelt-, Sozial-, Finanz- und Überwachungsaspekten zu erreichen“. In den ökologisch sensiblen Gebieten in Georgien werde die Pipeline bis zu drei Meter unter die Erde verlegt und mit Sensoren zum Aufspüren von Lecks ausgestattet. 10.000 Arbeitsplätze entstehen für den Bau, 850 für die Wartung.

Selbst in Weltbank-Kreisen ist es ein offenes Geheimnis, dass der Millionenkredit vor allem für das Image des BP-Konzerns wichtig ist und weniger für dessen Investitionsbudget. Immerhin hat die Bank den Auftrag, nur entwicklungspolitisch sinnvolle Projekte zu fördern. Hinzu kommt die geostrategische Bedeutung: Die Pipeline fördert Öl Richtung Westen, ohne dabei mit Arabern oder Russen in Berührung zu kommen. Das gefällt den USA – und die halten fast ein Viertel aller Stimmrechte in der Weltbank. KATHARINA KOUFEN