Europa droht Türkei wegen der Zypern-Frage

EU-Kommission verlangt vor Beitrittsverhandlungen eine Konfliktlösung auf Zypern. Türkische Regierung verärgert

ISTANBUL/BRÜSSEL taz ■ Mit Verärgerung haben türkische Politiker auf die Betonung der Zypernfrage im gestern vorgelegten EU-Fortschrittsbericht 2003 reagiert. Entgegen den Erwartungen in Ankara hat die EU-Kommission sich nicht nur darauf konzentriert, die bisherigen Reformschritte der AKP-Regierung unter Ministerpräsident Tayyip Erdogan zu bewerten. Der EU-Bericht betont auch, dass eine Lösung des Zypernkonflikts Voraussetzung für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Türkei ist. Falls es bis zum EU-Beitritt Zyperns am 1. Mai 2004 keine Lösung gebe, könnte dies ein „schweres Hindernis“ für die EU-Aspirationen Ankaras sein.

In einer Stellungnahme lehnte Außenminister Abdullah Gül ein Junktim zwischen Zypern und der Bewertung der Voraussetzungen für den Beginn von Beitrittsverhandlungen ab. Er erinnerte daran, dass der EU-Ministerrat dies im Dezember 1999 in Helsinki, als der Türkei der Status eines Beitrittskandidaten angeboten wurde, nicht zur Voraussetzung gemacht hatte. Zugleich sicherte Gül aber große Anstrengungen für eine Wiedervereinigung Zyperns zu.

Der für die Erweiterung zuständige EU-Kommissar Günter Verheugen versuchte, den negativen Eindruck vor dem Europäischen Parlament in Straßburg zu relativieren. Eine Zypernlösung, so Verheugen, sei keine explizite Vorbedingung. Der Hinweis sei vielmehr eine Botschaft, durch die die Türkei ermuntert werden solle, ihre Anstrengungen auf Zypern zu verstärken. Der Beitrittsprozess, so Verheugen, solle ein Katalysator für eine Lösung auf Zypern sein.

Verheugen sagte, der anachronistische Zustand auf Zypern mit Stacheldraht und UN-Soldaten sei nicht hinnehmbar. Er rechne damit, dass sich nach den Wahlen in Nordzypern Mitte Dezember ein „Fenster der Gelegenheit“ öffnen werde. JG/KLH

brennpunkt SEITE 4