Keine Angst vor uraltem Dreck

Warnungen vor Altlasten und Lärmbelästigung im geplanten Wohnviertel auf dem EAW-Gelände in Nippes entbehren jeder Grundlage, sagen Barbara Moritz (Grüne) und Sozialdezernentin Bredehorst

Von Thomas Spolert

Auf Unverständnis und Ablehnung stößt die Kritik an dem auf dem ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerk (EAW) geplanten neuen Wohnviertel in Nippes. Rund 1.100 Wohnungen, ein Bürgerpark und Ladenlokale sollen ab dem nächsten Jahr auf dem 32 Hektar großen Gelände zwischen Parkgürtel, Kempener Straße, Werkstattstraße und der Eisenbahntrasse Köln-Krefeld entstehen. Walter Schulz, geschäftsführender Vorstand der auf dem Gelände ansässigen „Baukooperative Zug um Zug e.V.“, hatte in einem Interview mit der taz vor gesundheitlichen Gefahren für die künftigen Bewohner des Viertels gewarnt. Außerdem äußerte Schulz die Befürchtung, durch den direkt an der Bahntrasse geplanten sozialen Wohnungsbau sollten sozial Schwächere als Lärmschutz für die Stärkeren herhalten. So entstehe ein neuer „sozialer Brennpunkt“.

„Auf dem Gelände wird kein sozialer Brennpunkt entstehen“, tritt Sozialdezernentin Marlis Bredehorst der Befürchtung von Schulz entschieden entgegen. Tatsächlich lägen Absichtserklärungen für den Bau von Sozialwohnungen vor. Diese sollten aber nicht nur direkt an der Bahnlinie, sondern auch in anderen Gebäuden im neuen Viertel gebaut werden. Es lägen aber bisher noch gar keine konkreten Anträge dafür vor. In Kürze gäbe es dazu erste Gespräche zwischen dem Investor und dem Land NRW. Der Lärmschutz sei durch die scharfen Richtlinien für den sozialen Wohnungsbau gesichert. „In Köln gibt es einen erheblichen Rückgang im sozialen Wohnungsbau“, beklagt Bredehorst weiter. Sie sei daher dankbar für jedes Projekt, das realisiert werden könne.

Ähnlich sieht dies die Fraktionschefin der Grünen im Kölner Rat. „Es sind ja nur 150 Sozialwohnungen geplant“, rechnet Barbara Moritz vor. Schon allein deshalb könne im neuen Wohnviertel nicht von einem drohenden sozialen Brennpunkt gesprochen werden. Außerdem werde durch einen Arbeitskreis mit der Stadt eine „verträgliche Durchmischung“ garantiert. Den geplanten Gebäuderiegel an der Bahntrasse verteidigt die Grünenchefin. „Der macht Sinn.“ Die Bewohner würden vom Lärm nicht gequält, weil auf der Seite zur Bahntrasse nur Treppenhäuser und Küchen vorgesehen seien. „Der Immissionsschutz gilt natürlich auch für Sozialwohnungen“, ergänzt Moritz.

Die Befürchtung von Walter Schulz, der durch Altlasten verunreinigte Boden könne zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei den künftigen Bewohnern führen, weist die Grünen-Chefin zurück. Kein Gebiet in Köln sei so detailliert vom Umweltamt untersucht worden wie das EAW-Gelände. „Das Umweltamt wird entsprechende Auflagen während der Baugenehmigung machen“, erklärt sie das weitere Vorgehen. Angela Schneider-Sedlaczek vom Vorstand der „Autofreien Siedlung Köln e.V.“ (ASK), die auf einem vier Hektar großen Teilstück des Geländes Kölns erste autofreie Siedlung errichten wird, hat wegen der Altlasten keine Befürchtungen. „Das Gebiet, auf dem die autofreie Siedlung gebaut wird, ist bereits saniert“, versichert die Sprecherin der Initiative.

Ihr Vorstandskollege Rolf Bauerfeind beklagt den Verkehrskollaps, der bereits heute in Köln Realität sei. „Wir leisten jedoch einen Beitrag dazu, dass der Kollaps im neuen Viertel nicht stattfindet“, kommentiert ASK-Vorstand Bauerfeind die düstere Prophezeiung von Walter Schulz. Es gäbe nur Ziel- und Quellverkehr, aber kein Durchgangsverkehr im neu zu erschließenden Gebiet, argumentiert die Grünen-Politikerin Barbara Moritz. Die Verkehrsmenge sei vor der Verabschiedung des Bebauungsplans simuliert, alle Belange seien abgewogen worden. „Ich kann diese Befürchtung von Schulz nicht nachvollziehen.“

Einig ist sich die Fraktionsvorsitzende der Grünen mit Walter Schulz nur in der Frage der Mischnutzung auf dem EAW-Gelände. Der Erhalt der großen Halle wäre identitätsstiftend für das neue Viertel gewesen. „Den Abriss der großen Halle bedaure ich außerordentlich.“