piwik no script img

Offener Kanal leerer

Wie offen ist der OK? Nicht offen genug jedenfalls für Gerd Augustin – der hat jetzt Sendeverbot

Bremen taz ■ Zum ersten Mal seit seinem Bestehen hat der Landesrundfunkausschuss (LRA) ein Sendeverbot zum Schutz von Persönlichkeitsrechten beschlossen. Betroffen ist Gerd Augustin vom Offenen Kanal, der dort seit sieben Jahren eine wöchentliche Musiksendung präsentiert.

Inkriminiert wurden Anmoderationen Augustins, in denen sich der als „Rockrentner“ bekannte Ex-Manager von Tina Turner über führende Bremer CDU-PolitikerInnen äußert. „Über weite Passagen“ könne man sich über Augustins Sendungen nur „geschmacklich“ streiten, sagt Wolfgang Schneider, Direktor der Landesmedienanstalt, die den Betrieb der Offenen Kanäle Bremen und BHV mit jährlich rund 1,4 Millionen Euro finanziert. Bestimmte Äußerungen hingegen habe der LRA als Verstoß gegen den in § 19 des Landesmediengesetzes geforderten „Schutzes des Persönlichkeitsrechts“ gewertet: Insbesondere die Formulierungen, CDU-Chef Bernd Neumann (Fraktionsobmann im Medienausschuss des Bundestages) wolle „sozusagen der Joseph Goebbels von Berlin werden“, im Kulturressort habe er mit Kulturstaatsrätin Elisabeth Motschmann „seine Monica Lewinski“ sitzen und Bausenator Jens Eckhoff sei ein „Fettwanst“.

Dabei hat der Ausschuss nach Schneiders Worten durchaus berücksichtigt, dass Augustins Beiträge als Satire aufzufassen sind – und die kann nur „in ganz besonderen Ausnahmefällen mit den vom Persönlichkeitsschutzgesetz gezogenen Grenzen in Konflikt kommen“, wie es in einschlägigen Stellungnahmen anderer Landesmedienanstalten heißt. Trotzdem sah der LRA die Grenzen als überschritten an und verfügte einen fünfmonatigen „Nutzungsausschluss“.

Augustin selbst reagierte gestern mit gewohnter Eloquenz: „Ich sehe das als Zeichen des Himmels, dieses Schildbürgertum sich selbst zu überlassen.“ Eine Rückkehr auf den OK-Bildschirm schloss er definitiv aus. Er habe sich immer bemüht, ein „alternatives Programm“ zu machen. Dessen Erfolg sei ihm von vielen – besonders jungen – Zuschauern bestätigt worden. In der Tat zählten Augustins „Musikgeschichten“ zu den beliebtesten Strecken des von etwa einem Prozent der Haushalte in Bremen und umzu eingeschalteten Kanals – und das nicht nur wegen der Schätze seines zweieinhalbtausend Bänder umfassenden Privatarchivs. HB

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen