berliner szenen Am Winterfeldtplatz

Von 20 bis 21 Uhr

Da. Ein Marktstand wird, noch zusammengepackt, von einem Lkw auf den Platz gezogen. Die ersten Vorbereitungen für die kleine Verwandlung des Platzes finden bereits Dienstag abends statt. Mittwoch früh wird sich der Platz dann in einen Markt verwandelt haben. Die große Verwandlung ereignet sich natürlich in der Nacht von Freitag auf Samstag; aber der Samstagmarkt auf dem Winterfeldtplatz, das ist Ausnahmezustand und nicht das normale Leben auf dem Platz.

Das normale Leben ist zum Beispiel, wenn zwei Sanitäter wie jetzt gerade trotz der Kälte vor Habibi auf der Bank sitzen. Eben habe ich sie noch einen leeren Krankentransportstuhl in die Ambulanz schieben sehen, die zwischen Habibi und dem Sushi-Laden in zweiter Reihe parkt. Haben sie einen Kranken zur endgültigen Gesundung nach Hause gebracht? Oder zum Sterben? Jedenfalls sind sie dann erst einmal Falafel holen gegangen. Und die große Flügeltür von der Goltstraße 24, aus der sie herausgekommen waren, bleibt offen stehen – eine Art Memento Mori.

Ansonsten ist zu dieser Stunde zu sagen, dass sich nun in den anliegenden Cafés und Restaurants die Metarmorphose vom Café-Latte- zum alkoholbasierten Treffen endgültig vollzogen hat. Man könnte den weiteren Abend so gestalten, dass man zunächst ein spanisches Essen nebst Rioja zu sich nimmt, dann in der Bar Green Door ein, zwei Cocktails nippt, um schließlich im Slumberland an einem Absacker nicht vorbeizukommen. Das wäre ein solider Abend jenseits der Hippness. Und heimlich könnte man dabei eins seiner Lieblingsspiele spielen: sich zu überlegen, wer von den Paaren an den Nebentischen gerade ein Blind Date hat.

DIRK KNIPPHALS

(21 bis 22 Uhr: kommenden Freitag)