Deutsche Post halbiert Briefzusteller

In einem Pilotprojekt im Münsterland sollen ab dem nächsten Jahr Briefträger mit Teilzeitverträgen ausgestattet werden. Post hofft auf Flexibilisierung. Gewerkschaft kritisiert Vorhaben und verweist auf gängige Praxis

MÜNSTER taz ■ Die Post plant in fünf münsterländischen Bezirken die Arbeitszeiten für die Zustellung zu verändern. Mit Jahresbeginn 2005 soll in drei Bezirken der Stadt Münster sowie in jeweils einem Bezirk der Gemeinden Gescher und Sendenhorst für Zusteller die 30-Stunden-Woche bei entsprechend geringerem Lohn getestet werden. Eine endgültige Entscheidung, ob das Pilotprojekt tatsächlich zum angedachten Termin stattfinden wird, stehe allerdings noch aus, sagt Friedrich Buttgereit, Sprecher der Post AG in Nordrhein-Westfalen. „Die Meldung wurde vom Betriebsrat etwas voreilig verbreitet“, so Buttgereit. Das zuständige Betriebsratsmitglied am Briefzentrum im münsterländischen Greven war gestern nicht zu erreichen.

Auswirkungen auf die Arbeitszeiten der bisherigen Beschäftigten sollen die Maßnahmen nicht haben. „Die Postangestellten werden weiterhin 38,5 Stunden arbeiten“, sagt Buttgereit. Für die Zustellung würden Teilzeitbeschäftigte eingestellt. Ziel sei es, die Kosten zu senken und die Zustellung flexibler und zeitiger zu organisieren. „Serviceeinbußen im Zustellungsbetrieb müssen unsere Kunden durch die Umstellung nicht befürchten“, sagt Friedrich Buttgereit. Für die Postboten dürfte es allerdings schon Probleme geben. Bei 1.600 Euro Brutto liegt momentan der Monatslohn in einer 38,5-Stunden-Woche. Wenn die Arbeitszeit auf 30 Stunden gekürzt wird, sinkt der Lohn auf unter 1.300 Euro im Monat.

Beim Landesbezirk Nordrhein-Westfalen der vereinten Dienstleistungsgesellschaft verdi beobachtet man die Maßnahmen der Post AG skeptisch. „Langfristig wird der Anteil der Teilzeitbeschäftigten steigen“, sagt Raimund Hartmann, verdi-Fachgruppenleiter im Bereich Postdienste, „die Post will einen Teil ihrer Beschäftigten in die Teilzeitarbeitslosigkeit schicken.“ Die gewerkschaftliche Einflussnahme auf die Absprachen kann ist dabei allerdings sehr gering. „Die Projekte wurden vor Ort zwischen den Dienststellen und den jeweiligen Betriebsräten verhandelt“, sagt Hartmann, „wir sind nicht eingebunden.“

Langfristig gehe es der Post um eine Trennung von Vorbereitung und Zustellung, die beide bislang vom Zusteller selbst ausgeführt wurden. Da die Verteilung der Briefe mittlerweile zum großen Teil maschinell oder durch andere Mitarbeiter vollzogen wird, fällt diese Arbeit weg. Außerdem arbeite die Post an einer Vergrößerung der Zustellbezirke. „Die Inhaber der 30-Stunden-Jobs sind dann nur noch für die Zustellung zuständig“, sagt Hartmann. Die Post wird ihnen direkt bis in den Zustellbezirk geliefert. Die Fahrt zum Einsatzort fällt weg. Allerdings sei dieses Konzept nur im Bereich der Briefzustellung machbar. „Paketzusteller sortieren und fahren noch selbst“, so Hartmann.

Ganz so neu ist der Vorstoß allerdings nicht. Ehemalige Auszubildende der Post werden seit diesem Jahr ausschließlich in 30-Stunden-Jobs übernommen. Nach verdi-Angaben ist dieses Projekt auf zwei Jahre, bis einschließlich September 2006, angelegt. In den meisten Bezirken sind weniger als ein Prozent der Briefzusteller teilzeitbeschäftigt. In Duisburg arbeiten nur 15 von 1.500 Postboten 30 Stunden am Tag. Sollte das münsterländische Pilotprojekt an den Start gehen und sich durchsetzen, dürfte sich das Verhältnis schnell umkehren. HOLGER PAULER