Lernen, Eskalation zu vermeiden

In Übungen und Rollenspielen lernen Kölner Eltern an der Gesamtschule Rodenkirchen, wie sie in Konfliktsituationen ihren Standpunkt vertreten und dennoch auf die Gefühle ihrer Kinder achten

von Jeanette Seiffert

Zwei Frauen stehen sich gegenüber: „Du unverschämte Göre, immer lügst du mich an! Warte nur, bis der Papa nach Hause kommt!“ schreit die eine. „Immer der Papa, ohne den kriegst du wohl gar nichts hin“, schnaubt die andere. „Ich hau jetzt ab in mein Zimmer, da hab ich wenigstens meine Ruhe.“

Rollenspiel beim „Konflikttraining für Eltern“ an der Gesamtschule Rodenkirchen. 20 Mütter und Väter sitzen im Kreis, während „Konflikttrainerin“ Barbara Duell mit einer Kollegin vorführt, wie ein Streit zwischen Mutter und Tochter gerade nicht ablaufen sollte. Kölner Eltern kommen hierher, treffen sich an insgesamt acht Abenden für jeweils drei Stunden. Statt Konflikte im „stillen Kämmerlein“ auszutragen und mit Erziehungsproblemen alleine klar kommen zu wollen, lernen sie hier Schritt für Schritt gemeinsam, wie sie mit ihren Kindern gelassener umgehen können.

Als Lehrerin an der Gesamtschule bekommt Barbara Duell immer häufiger mit, dass Eltern sich mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert fühlen. Bei einer Zusatzausbildung zur Anti-Gewalt-Trainerin kam ihr dann der Gedanke, dass man so etwas doch eigentlich für Eltern anbieten müsste. „Schließlich lernen die Kinder ja vor allem in der Familie, mit Konflikten umzugehen.“ Das Trainingskonzept, das sie entwickelt hat, ist so aufgebaut, dass die Eltern erst einmal schauen, wie sie sich in Konfliktsituationen verhalten und welche Gefühle sie dabei entwickeln. „In einem zweiten Schritt geht es dann darum, klare Grenzen zu setzen, Vereinbarungen in der Familie zu treffen, zu vermeiden, dass die Situation eskaliert.“

Wer allerdings erwartet hat, hier einfache Anweisungen präsentiert zu bekommen, wie er sich in Zukunft verhalten soll, hat sich getäuscht: Jeder der Teilnehmer und Teilnehmerinnen muss hart an sich arbeiten. Neue Verhaltensmuster müssen „antrainiert“ werden.

Die Eltern sind in Rollenspielen und Übungen gefordert: Ein Teilnehmer schlüpft in die Rolle des Kindes, einer in die Rolle des Vaters oder der Mutter, ein weiterer fungiert als Beobachter – und am Ende wird analysiert, wie das Gespräch verlaufen ist. Anfangs fällt es vielen Eltern schwer, sich vor allen anderen darzustellen. „Aber nach meiner Erfahrung machen spätestens am Ende des Kurses alle begeistert mit“, meint Barbara Duell. Schon seit drei Jahren bietet sie das Konflikttraining für interessierte Eltern an, nun zum ersten Mal an ihrer eigenen Schule. Und die Eltern sind begeistert. „Mir hilft es schon, dass ich in diesem Kreis mit anderen Eltern darüber sprechen kann und nicht das Gefühl haben muss, mit meinen Problemen alleine dazustehen“, sagt eine Teilnehmerin.

„Mir bringt es sehr viel, einen Konflikt auch mal aus der Sicht des Kindes zu erleben“, findet ein Vater. Damit ist eine der wesentlichen Botschaften des Trainings angekommen: Barbara Duell geht es vor allem darum, dass es den Eltern gelingt, den eigenen Standpunkt zu vertreten, aber dennoch auf die Gefühle des Kindes zu achten. Oft macht sie auch die Erfahrung, dass Eltern Konfrontationen ausweichen, im Zweifelsfall lieber nachgeben. Die Kinder lernen nicht mehr, richtig zu streiten: „Es sind Konflikte da, die werden aber nicht ausgetragen. Die werden mit dem Fernsehen oder mit Geschenken zugedeckt.“ Diese Eltern müssen im Training erst einmal mühsam lernen, Konflikte überhaupt erst zuzulassen. „Das ist für die Kinder immens wichtig. Wenn sie das zu Hause lernen, können sie das auch in die Schule tragen. Und dann dürfte auch die Gewalt an den Schulen nachlassen.“

Weitere Infos zum Konflikttraining unter www.elterntraining-koeln.de