Protest vor neuen Formen

Die Studenten der Technischen Universität streiken seit einer Woche und sind Vorbild für andere Unis. Dort hat man die gleichen Probleme, ist aber noch zögerlich – was die Protestform angeht

von RUDI NOVOTNY
und MEIKE RÖHRIG

Auch nach einer Woche flauen die Studentenproteste gegen die Sparmaßnahmen des Berliner Senats nicht ab. Die Vollversammlung der Technischen Universität (TU) entscheidet heute über eine Weiterführung des Streiks. Auch die Vollversammlung der Humboldt-Uni (HU) tagt. Für Samstag rufen die Asten aller drei Universitäten zu einer Großdemo auf.

Schon gestern protestierten am Alexanderplatz etwa 300 Studierende der landwirtschaftlich-gärtnerischen Fakultät (LGF) der HU gegen die Schließung ihrer Fakultät. An der TU blieb das Physikgebäude aufgrund des Streiks geschlossen. Mathias Hofmann vom Asta der TU ist optimistisch, dass die Vollversammlung heute den Streik verlängert: „Für die nächsten Tage sind schon Aktionen geplant.“

An anderen Unis ist man dagegen ein wenig zurückhaltender, was einen möglichen Streik angeht: „Im vergangenen Semester mussten wir die Proteste beenden, weil niemand mehr kam“, sagt Karsten Schuldt vom ReferentInnenrat der HU. Dieses Mal hoffe man auf eine längerfristige Mobilisierung. Immerhin gäbe es genug Studierende, die sich engagierten – auch ohne Streik.

Auch Konrad Umlauf, Geschäftsführender Direktor der Bibliothekswissenschaften, hält die Streiks als Reaktion auf die Sparpläne des Senats für nicht geeignet – trotz der geplanten Schließung seines Instituts. Er setzt auf Solidaritätserklärungen kompetenter Fürsprecher, um die Abwicklung des Instituts zu verhindern. „Aber wenn die Studenten streiken wollen, werde ich sie nicht in die Veranstaltungen prügeln.“

An der ebenfalls in ihrer Existenz gefährdeten LGF haben sich die Studenten bereits gegen Streik entschieden. „Schließlich kämpfen wir für den Erhalt der Lehre an unserer Fakultät, da wäre ein Boykott der Veranstaltungen kontraproduktiv“, so Jenny Walther von der Fachschaft.

Angesichts dieser Zurückhaltung gibt sich der HU-Präsident gelassen. Pressesprecherin Susanne Morgner: „Wir sehen bisher keine Anzeichen für eine Streikmehrheit.“ Aus präsidialer Sicht ist es ohnehin zu spät für Protest: Durch das Unterschreiben des Ergänzungsvertrag habe man die Kürzungen akzeptiert.

Auch an der Freien Universität (FU) scheint die Streiklust nicht weit verbreitet, so die Einschätzung von Anja Mößner vom Otto-Suhr-Institut. Die Politikstudentin gehört zu der Gruppe OSI-Kritik, einem Bündnis, das gestern eine Vollversammlung am Institut organisierte – die den Streik abgelehnt hat. „Uns geht es darum, ein Bewusstsein für die schlechte Lage der Universitäten zu schaffen – erst mal am eigenen Institut.“ Denn man will Alternativen zum Streik finden. Deshalb ist kommenden Dienstag ein Institutstag geplant, bei dem Externe, Professoren und Studenten Alternativen zur Entwicklung der Universitäten diskutieren. Das gefällt auch Bodo Zeuner, Geschäftsführender Direktor des OSI: „Die Studenten müssen sich im Konsens mit den Dozenten auf die Durchführung der Veranstaltungen einigen.“