Ökowein nur aus Nachbars Rebe

Für die drei kommerziellen Winzer in NRW hat im Siebengebirge die Weinlese begonnen. Ökologisch wird hier jedoch nicht angebaut. Dagegen hofft der Ökoweinverband auf eine langfristig umwelt- und verbraucherfreundliche Weinproduktion

von Salvio Incorvaia

Die Weinlese hat auch in NRW begonnen – zumindest im Siebengebirge: Drei Winzerfamilien aus Königswinter und Bad Honnef bewirtschaften hier seit Generationen die Weinreben. Angebaut werden die Rebsorten Portugieser, Spätburgunder, Dornfelder, Riesling und Müller-Thurgau. Dabei setzen die Betriebe auf konventionelle Bewirtschaftung.

„Es ist sehr bedauerlich, dass es in NRW keinen einzigen Biowinzer gibt“, sagt Andrea Schürgers vom Bundesverband Ökologischer Weinbau (ECOVIN). Es wäre erfreulich, wenn zumindest einer der ansässigen Winzer mit dem biologischen Weinanbau in NRW beginnen würde. Der Verband glaubt, dass sich für Öko-Winzer die biologische Qualitätsproduktion auszahlt. Doch eine Umstellung eines Betriebes auf Ökoproduktion ist aufwändig und kann bis zu drei Jahre dauern: Der ökologische Weinbau erfordert einen höheren Arbeitsaufwand und verbucht niedrigere Ernteerträge. Höhere Weinpreise für den Verbraucher sind die Folge.

Die Reaktion der traditionellen Abnehmer ist ungewiss: „Wir haben in NRW nur wenig Anbauflächen. Für alle drei Winzerfamilien wäre eine Produktionsänderung sehr aufwendig. Dabei ist auch unsicher, ob die Weinhändler mitziehen würden“, sagt Berhard Rüb, Sprecher der Landwirtschaftskammer NRW. Darüber hinaus seien die Weinanbauflächen im Siebengebirge nur schwer auf den ökologischen Anbau umzustellen.

Im Öko-Rebbau dürfen keine chemischen Pflanzenschutzmittel, sondern lediglich leichtlösliche Stickstoffdünger eingesetzt werden. Eine zurückhaltende, bedarfsgerechte Düngung soll für harmonisches Wachstum und qualitätsfördernde Ertragsbildung sorgen.

Doch Winzer müssen bei der Umstellung auf Bioproduktion nicht nur den Dünger ändern: Eine nachhaltige Bewirtschaftung in allen Bereichen ist oberstes Gebot. Auch der Boden soll nicht mit chemischen Rückständen belastet werden. Der Weinberg wird mit vielfältigen Pflanzen ganzjährig begrünt. Ziel ist, das Anbaugebiet als ein selbstregulierendes Öko-System zu schaffen und auch auf maximale Erträge zu verzichten.

Die Grünpflanzen neben den Weinreben schaffen nach und nach eine durchlüftete, humose, biologisch aktive und gut wasserspeichernde Bodenkrume. Schonende, mechanische Auflockerung der Erde und Begrünungspflanzen steigern so die Fruchtbarkeit.

Solche Produktionsbedingungen kommen für die Winzer aus NRW schon nicht in Frage: Sie bewirtschaften zwischen 4.500 und 5.000 Pflanzen je Hektar Rebfläche: „Wir haben in diesem Jahr bei der Rebpflege experimentiert und die Chemieanwendungen um mehr als die Hälfte reduziert. Das Resultat war eine Ernteeinbuße von 30 Prozent“, sagt Karl-Heinz Broel. Der Winzer aus dem Siebengebirge setzt auf den konventionellen Anbau, solange ein großer Markt vorhanden ist: Nur aus gesunden Trauben erhalte der Winzer aromatischen Wein. Und die Gesundheit der Trauben werde durch chemische Anwendungen gegen Pilze und Ungeziefer am besten erhalten, so Broel. Der seit 1732 bestehende Betrieb in Bad Honnef will weiterhin bei seiner traditionellen Anbauweise bleiben.

Der Weinanbau im Siebengebirge hat eine lange Tradition: Hier verabschiedet sich der Rhein vom Rheinischen Schiefergebirge in die Kölner Tieflandsbucht. Zwischen Köln, Königswinter und Bad Honnef liegen verstreut die rund 20 Hektar großen Weinberge, die zusammen das einzige Weinanbaugebiet NRWs bilden. Schon die Römer brachten im 1. Jahrhundert n.u.Z. die ersten Reben in die Region. Im Hochmittelalter haben die Zisterzienser-Mönche den Weinbau im Siebengebirge voran getrieben. Bis heute werden hier zu rund 90 Prozent Weißweintrauben angebaut. Doch das Gebiet bleibt beschränkt: Nördlich von Bonn endet das Anbaugebiet Mittelrhein.

Das Klima ist hier im südlichsten Zipfel von NRW noch sehr mild: Die Reben wachsen auf Süd- und Südwesthängen, wo sie –vor kalten, austrocknenden Ostwinden geschützt – ein Klima genießen, das noch dem des Rheingaus entspricht.

So hofft der Ökoweinverband (ECOVIN), dass sich die NRW-Winzer früher oder später auch an einigen Ökobetrieben des Rheingaus orientieren. Andrea Schürgers von ECOVIN glaubt, dass sich auch in NRW der Ökoweinanbau durchsetzt: „Langfristig ändert sich das Verbraucherverhalten zugunsten von Biowein.“ Auch die NRW-Winzer müssten darauf reagieren.“ Qualität habe sich schließlich immer langfristig ausgezahlt.