frisches flimmern
: Blinde, Revoluzzer und Zombies

Die aktuellen Filme erzählen vom eigentlich schnöden Alltag nicht wirklich Normal-Sterblicher. Alle haben eine ungewisse Zukunft vor sich.

Blind

„Trau bloß keinem Gucki!“, lautet die Devise von Marie (Ricarda Ramünke) und Inga (Maria Rother). Beide sind blind und leben in einem Internat für Sehbehinderte. Dort kennen sie sich aus. Ihre Leidenschaft gilt der Musik, doch für eine Schülerband in der Stadt sind sie nicht medientauglich genug. Die Welt der Sehenden (“Guckis“) erscheint erbarmungslos. Trotzdem kehren sie recht unbeeindruckt in die Geborgenheit der Schule zurück. Erst als Marie Herbert (Oleg Rabcuk) kennen lernt, wird ihr kontrollierter Alltag völlig durcheinander gewirbelt. Der junge Russlanddeutsche möchte zurück in seine Heimat, nach Kasachstan. Deutschland gefällt ihm nicht. Die Polizei sucht ihn. Marie verliebt sich in den Außenseiter und will ihm helfen. Der Kinderfilm „Die Blindgänger“ von Regisseur Bernd Sahling wurde mit dem Deutschen Filmpreis in Gold 2004 ausgezeichnet. Sein ungewöhnlicher und berührender Film über den Alltag zweier blinder Mädchen handelt von der Normalität des vermeintlich Fremden. Die Hauptrollen spielen selbst fast erblindete Darsteller. Zum Kinostart unterstützt die Deutsche Hörfilm GmbH den Film durch begleitende blindengerechte Audiodeskription-Aufführungen.

Aufständisch

Wie wird man eigentlich Revolutionär? In seinem Road Movie „The Motorcycle Diaries - Die Reise des jungen Che“ erzählt der brasilianische Regisseur Walter Salles (“Hinter der Sonne“) von der neunmonatigen Reise des jungen Ernesto Guevara und seines Freundes Alberto durch Lateinamerika im Jahre 1952. Für die beiden Studenten sollte es ein letztes Abenteuer vor dem Examen sein. Auf einem alten Motorrad erkunden sie den Kontinent, bis das Gefährt den Geist aufgibt. Auf Lastwagen und zu Fuß geht es weiter. Sie erleben die wunderbare Landschaft, aber eben auch die Elendsviertel. Je weiter ihre Reise geht, umso mehr erfahren sie von der Armut und Ungerechtigkeit im Land. In einer Schlüsselszene des Films durchschwimmt Ernesto an seinem Geburtstag die reißende Strömung des Amazonas, um am gegenüberliegenden Ufer mit den Armen und Kranken zu feiern, trotz der Warnungen seiner Kollegen. „Die Reise des jungen Che“ beruht auf den Tagebüchern (“Motorcycle Diaries“) von Ernesto Guevara, in denen er den Trip von Argentinien über Chile und Peru bis nach Venezuela festgehalten hat. „Es ist ein Film über Ernesto Guevara, bevor er „Che“ wurde. Diese Definition stammt übrigens nicht von mir, sondern von seinem Sohn Camilo“, sagt Regisseur Walter Salles. Gedreht wurde auch an Originalschauplätzen. Die Geschichte über Armut und Reichtum, Unterdrückung und Ungerechtigkeit ist immer noch aktuelle Thematik. Die gesellschaftlichen Probleme auf dem Kontinent bestehen fort.

Untot

Die Geister die sie riefen werden Philip (Tino Mewes), Wurst (Manuel Cortez) und Konrad (Thomas Schmieder) nicht mehr los. Nach einer völlig misslungenen Totenbeschwörung auf dem nächtlichen Friedhof brettern die drei Freunde mit dem VW-Bus vor den nächsten Baum – und sterben. Doch bereits am nächsten Tag wachen die drei Kumpels als Zombies wieder auf. Das Ritual hat doch funktioniert, eben nur anders. Egal. Nach einem angemessenen Fleisch-Frühstück will man sich unbeirrt in den Alltag stürzen. Doch als plötzlich die ersten Körperteile abfallen, dämmert ihnen Übles: Es bleiben nur 36 Stunden, um den Fluch zu brechen. „Die Nacht der lebenden Loser“ von Matthias Dinter (“Feuer, Eis und Dosenbier“) ist eine Mischung aus Zombie-Komödie und Highschool-Film. Ein wahrer Horrorstreifen für Vegetarier. Nach „28 Days Later“ und „Dawn of the Dead“ tauchen wieder fleischsüchtige Untote auf der Leinwand auf. Richtige Zombies sind eben nur schwer kleinzukriegen.

STEFAN ORTMANN