berliner szenen Lampen am Alex

Erichs Erbe

Abgewickelt ist er schon lange. Jetzt wird der Palast der Republik endgültig abgerissen, entsorgt, zerlegt, auseinandergeschraubt, weggeflext. Der Kulturausschuss des Bundestags hat es letzte Woche beschlossen, die Abgeordneten haben gestern zugestimmt. Nun kann das Spektakel im nächsten Frühjahr losgehen, und Berlin bekommt eine neue Schaustelle. Schön wären auch Partys am Bau, bei denen DJs auf dem Schlossplatz ein bisschen Revival-Techno auflegen, während Bauarbeiter den Stahlbeton bei 180 Beats per Minute wegklopfen. Damit könnte die Lücke im Eventprogramm auf dem historischen Gelände gefüllt werden, falls die Love Parade tatsächlich nicht stattfindet.

Noch gewitzter ist eine Projektgruppe namens „Gottåsa“, die auf dem Gleis am S-Bahnhof Alexanderplatz hunderte von Lampen angebracht hat. Die Installation könnte als ironische Reverenz an „Erichs Lampenladen“ durchgehen – immerhin zeigt „Gottåsa“ nicht die alten DDR-Kristalllüster, sondern lauter farbige Lampenschirme aus leichtem Stoff, die in Sechserreihen von der Decke hängen. Aus dem staatstragenden Beleuchtungskörper ist ein buntes Labyrinth geworden, richtig konzeptuell und trotzdem hübsch verspielt, wie Kunst in Mitte eben aussieht.

Irritierend ist nur der Hinweis neben der Rolltreppe zum Bahnsteig. Dort wird „Gottåsa“ als neuer Leuchtenschirm von Ikea deklariert, der 4,95 Euro kostet. Das pralle Gehänge am Alexanderplatz ist ein Werbedisplay für die am 27. November in Tempelhof eröffnende Ikea-Filiale. Insofern passt der Marketing-Coup aber auch ganz gut zur Vermarktung des öffentlichen Raums, für die der Palast der Republik Platz machen muss: Lebst du noch, oder kaufst du schon?

HARALD FRICKE