unverbremt: Haltet dieHunde bereit!
Neue Besen kehren gut, sagt man, und wo ließe sich die Wahrheit dieser Weisheit derzeit besser beobachten als beim Weser-Kurier? Seit Lars Haider dort die journalistischen Geschicke lenkt, hat sich Unübersehbares verändert.
Zum Beispiel die Titelseite. „Lokales nach vorn!“, lautet die von Haider offenbar halbstündlich ausgegebene Losung. Die Obernstraße statt Obama, Baustellen statt Bundespolitik – wenn man die Aufschlagseite des „Stadtteil-Kurier“ mit der eigentlichen Seite 1 verwechselt, entspringt das einer wohlkalkulierten Leserbindungs-Strategie.
Zudem eröffnet Haider uns die Chance, die Stadt aus dem unverfälschten Blickwinkel des Hinzugezogenen neu zu erfahren: Schnell hat er die neuralgischen Punkte des Gemeinwesens entlarvt. Den fehlenden „Stolz auf die Stadt“ ebenso wie den versteckten Standort der Stadtmusikanten, der ja auch in Tokios Umland-Gemeinden als steter Aufreger gilt. Und auf die Serie „Heute am Rathaus geflaggt“ wären wir selbst gern gekommen.
Allerdings überdeckt Haiders ambitionierter Einstieg in den Debatten-Journalismus, dass er in tierischer Hinsicht bislang enttäuscht – in Gegensatz zur taz, die ihre LeserInnen gestern mit einem ergreifenden Kätzchenbild verwöhnte. Dabei hat Haider diesbezüglich Furore gemacht: Seine Elmshorn-Serie „Zeigt her Eure Hunde“ errang den Konrad Adenauer-Preis für richtungsweisenden Lokaljournalismus. Bei allem Respekt vor der gerade gestarteten Schlachte-Berichterstattung, mit der Haider den Blick systematisch über die Grenzen des Marktplatzes weitet: Den ein oder anderen Gang muss er noch zulegen, wenn der Weser-Kurier tatsächlich in einer Liga mit den Elmshorner Nachrichten spielen will. HB
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