Der Stadt die Leviten gelesen

Zwei Jahre hat sie um den Erhalt der Kölner Schulbibliotheken gekämpft. Für dieses Engagement bekommt die Initiative „Leselust statt Pisafrust“ jetzt die Karl-Preusker-Medaille verliehen

VON SANDRA PINGEL

Seit über zwei Jahren wehren sie sich gegen die Kürzungspläne der Stadt. Mit Autorenpatenschaften und öffentlichen Aktionen kämpfen die Initiatorinnen von „Leselust statt Pisafrust“ für den Erhalt der Kölner Schulbibliotheken. So ließen sie unter anderem 100 als schiefe Türme von Pisa verkleidete Kinder auf der Domplatte auflaufen, veranstalteten eine Lesung und Kabarett im Domforum und initiierten eine Diskussion mit OB Schramma und Ratsabgeordneten.

Für dieses Engagement bekommen Angelika Casper, Christel Mannhardt und Ina Philippsen-Schmidt am 4. November die Karl-Preusker-Medaille verliehen. Seit 1996 vergibt die Deutsche Literaturkonferenz die Auszeichnung jährlich an Personen oder Institutionen, die sich um das öffentliche Bibliothekswesen besonders verdient gemacht haben. Karl Preusker hatte 1828 die erste Öffentliche Bücherei Deutschlands eröffnet.

Wegen der Haushaltsmisere wollte die Stadt Köln frei werdende Bibliothekarstellen in den Schulbüchereien nicht mehr mit Fachpersonal besetzen und die Mittel für Neuanschaffungen halbieren. „Geplant war, dass wie schon in Schulkantinen Eltern ehrenamtlich einspringen“, sagt Casper. Eine kompetente Betreuung bei Referatsvorbereitungen und die Verwaltung von Beständen mit bis zu 20.000 Büchern, Zeitschriften und CD-Roms könnten Ehrenamtliche jedoch nicht leisten, beschwerte sich die Initiative bei der Stadt. Mit Erfolg: Heute gibt es in den 13 Bibliotheken in 21 Kölner Gesamtschulen und Schulzentren noch zwölf Bibliothekarstellen. Die Hauptforderung der Initiative, keine weiteren Personalkürzungen vorzunehmen, wurde erfüllt.

Trotzdem wirft die Initiative der Politik auch weiter Kurzsichtigkeit vor, die gerade nach dem schlechten deutschen Abschneiden bei der Pisa-Studie nicht zu akzeptieren sei. „Da wird zum Beispiel ein teurer Büchereibus angeschafft und kurz nach der Einführung der Geldhahn für die Personalkosten abgedreht“, echauffiert sich Casper. Dabei habe die Stadt den Wagen noch nicht mal abbezahlt. „Es gibt wirklich das Problem, dass Politiker nur von Wahl zu Wahl denken und nicht nachhaltig handeln“, sagt Philippsen-Schmidt. Insbesondere in der Bildungspolitik sei dies bedenklich.

Inzwischen hat jede von der Initiative betreute Schule mindestens einen Paten. Im Rahmen des Unterrichts oder als freies Angebot lesen AutorInnen regelmäßig in ihren Schulen. Unter anderem engagieren sich die AutorInnen Dieter Bongartz für die Europaschule, Anna Dünnebier für die Gesamtschule Holweide und Volker Dittrich für die Gesamtschule Chorweiler. Insgesamt beteiligen sich 17 Kölner SchriftstellerInnen an der Initiative und betreuen 13 Zentren und Gesamtschulen. „Das funktioniert inzwischen ohne unsere Vermittlung“, sagt Casper. Ihre Gruppe will das Thema trotzdem weiter verfolgen. Unterstützung gibt es dafür vom Schulförderverein, dem Domforum und dem Literaturhaus. Weitere Kosten tragen die drei Gründerinnen. „Andere haben andere Hobbys“, kommentiert Philippsen-Schmidt ihr Engagement. Aber nicht jeder bekommt für sein Hobby eine Medaille.