Kaum Streit um mehr Homoehe

Rot-Grün beschließt heute im Bundestag Novelle des Lebenspartnerschaftsgesetzes. FDP ist auch dafür. Union wird aber weiter gegen Stiefkindadoption wettern

BERLIN taz ■ So war es 2002, zu Beginn der zweiten rot-grünen Legislaturperiode, verabredet worden: Zunächst zieht man die sozialpolitischen Kahlschläge („Hartz IV“) durch, danach erst, um es vor populistischen Anwürfen zu schützen, werde das Reformprojekt zur rechtlichen Gleichstellung Homosexueller fortgesetzt. Heute nun steht sie zur Abstimmung: die Novelle des Lebenspartnerschaftsgesetzes.

Zur Erinnerung: Nach Klagen unionsgeführter Bundesländer gab das Verfassungsgericht für die so genannte Homoehe grünes Licht, denn sie kollidiere nicht mit Artikel 6 Grundgesetz. Heterosexuellen werde durch die Lebenspartnerschaft nichts genommen.

Somit, so der Karlsruher Urteilsspruch, hätten die rot-grünen Politiker weitergehen können als gedacht. Beschlossen werden soll die Einführung eines Verlöbnisses, sodass eine Zeugnisverweigerung für schwule oder lesbische Paare auch vor ihrer Partnerschaftseintragung schon gilt.

Die Hinterbliebenenversorgung wird der gesetzlichen Rentenversicherung von Heteropaaren angeglichen; Sonderregelungen über gemeinsame Güterstände entfallen. Auch im Erbrecht werden Homopaare gleichgestellt.

Überraschend: Die FDP wird wohl für die Novelle stimmen – nicht jedoch die Union, die sich inhaltlich bislang nicht näher erklärte. Sie schickt in die Debatte zwei Abgeordnete aus der zweiten Reihe; beide werden, so heißt es, vor allem gegen die angeblich kinderfeindliche Stiefkindadoption wettern. Sie begünstige Homosexuelle – die Union spekuliert auf die Kraft des Vorurteils, demzufolge aus homosexuellen Beziehungen nur schwule oder lesbische Kinder hervorgehen können. Dabei sieht die Reform nur mehr Schutz für Kinder vor, die bereits in homosexuellen Beziehungen aufwachsen.

Die Novelle wird vermutlich Ende November im Bundesrat von der Unionsmajorität abgelehnt – kann aber dennoch zum 1. Januar 2005 Gesetz werden, weil die rot-grüne Bundestagsmehrheit das Votum der Länderkammer überstimmen kann.

Offen bleiben freilich weiterhin alle steuer- und finanzwirksamen Gesetze. Sie bedürften der Zustimmung der Länder. Bislang müssen eingetragene Homopaare füreinander alle Pflichten übernehmen, können aber finanzielle Ausgleichszahlungen, per Steuererklärung beispielsweise, nicht zur Geltung bringen – das haben CDU/CSU im Bundesrat strikt blockiert. Es würde, so ihre Befürchtung, schwule und lesbische Partnerschaften jenen heterosexueller Art noch gleicher machen.

JAN FEDDERSEN