: Kirche köttet Kölner Kapital
Zum Weltjugendtag 2005 werden nicht nur eine Million Besucher erwartet, sondern auch ein Millionenumsatz. Das freut die heimische Wirtschaft, die aber zugleich auch als Sponsor auftreten soll
Von Thomas Spolert
Der XX. Weltjugendtag, der im August nächsten Jahres in Köln stattfindet, ist nicht nur ein pastorales Großereignis. Das Treffen von rund einer Million Menschen ist auch ein wirtschaftliches Großunternehmen. 93 Millionen Euro veranschlagt die eigens gegründete Weltjugendtag gGmbH (WJT), um das größte Event in Köln seit dem Weltwirtschaftsgipfel im Jahr 1999 zu organisieren.
75 Festangestellte und derzeit 50 Freiwillige arbeiten für das Unternehmen. Doch noch fehlt Geld im Klingelbeutel. Auf einer Informationsveranstaltung warb der WJT deshalb gestern gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer Köln (IHK) um die Unterstützung der regionalen Wirtschaft für das Großevent. Denn die IHK sieht das Ereignis als „große Chance für die Unternehmen vor Ort“.
Zwar gebe es „keine Schätzungen darüber, wie viel Umsatz während des Weltjugendtages zwischen Wuppertal und Bad Honnef gemacht wird“, erklärt WJT-Geschäftsführer Hermann-Josef Johanns. Bei bis zu einer Million erwarteter Besucher in der Stadt und der umliegenden Region dürfte der Rubel aber rollen. Kein Wunder also, dass die Kölner Wirtschaft offensichtlich keine Berührungsängste mit der Kirche hat. Am Ende der zweistündigen Werbeveranstaltung strahlte der Jugendtag-Geschäftsführer. Das Kötten bei den regionalen Unternehmern war erfolgreich. Zahlreiche Visitenkarten in seiner Tasche zeigen das große Interesse der Kölner Firmen an dem umsatzträchtigen Spektakel.
Bisher haben zwar alle Weltjugendtage, zu denen Papst Johannes Paul II. seit 1986 einlädt, immer mit einem satten Minus abgeschlossen. WJT-Chef Johanns will dies aber erstmals ändern. „Wir wollen eine schwarze Null schreiben“, formuliert der Wirtschaftsmann sein Ziel. Um besser kalkulieren zu können, sei das Budget auf 93 Millionen Euro begrenzt. Wie viel Geld noch fehlt, kann Johanns jedoch nicht beziffern. „Wir können mehr gebrauchen und freuen uns über jeden, der kommt“, ergänzt Pressesprecher Matthias Kopp vage.
Konkret suchen die WJT-Macher noch Firmen, die ihnen die Technik für die einzelnen Veranstaltungen, die Getränke für die Pilger oder 20.000 T-Shirts für die freiwilligen Helfer sponsern. Außerdem fehlen noch 70.000 private Schlafplätze für die jugendlichen Pilger aus aller Welt. Damit die Massengottesdienste über die Bühne gehen können, sucht WJT-Chef Johanns händeringend Firmen, die preiswert bauen. Um die Pilger zu transportieren, werden noch Busse benötigt.
„Das ist kein Tanz um das goldene Kalb“, verteidigt Johanns das Werben um die Sponsoren. Die Unternehmen kämen freiwillig, um Unterstützung anzubieten. Und jedes Gespräch mit Firmenmanagern sei fast immer auch ein „pastorales Gespräch“.
Sponsoring und Merchandising mit Kerzen, Tassen, Uhren, Pins und Wein bringen nur rund 15 Prozent des WJT-Etats ein. Rund ein Drittel gibt die Katholische Kirche als Anschubfinanzierung dazu. 15 Prozent des Etats kommen von der öffentlichen Hand. Der Bund gibt 7,5 Millionen und das Land NRW drei Millionen Euro für den WJT. Erst vorgestern kam die Zusage aus Brüssel, 1,5 Millionen Euro beizusteuern. Die Stadt Köln lässt sich das Kirchenspektakel ebenfalls 1,5 Millionen Euro kosten.
Den größten Brocken müssen die jugendlichen Pilger schultern. Durch die rund 400.000 angemeldeten Teilnehmer will der Weltjugendtag rund 40 Prozent des Etats erwirtschaften. Die Besucher können im Internet zwischen fünf „Pilgerpaketen“ wählen. Je nach Zahl der Unterkünfte und Verpflegung zahlen die Jugendlichen zwischen 40 und 169 Euro. Dabei müssen aber die Pilger aus den ärmeren Regionen der Welt, zu denen die Organisatoren 153 Länder zählen, nur 100 Euro für den gesamten Weltjugendtag bezahlen.
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