architekturpreis
: Rem Koolhaas und das Verstehen

Schon wieder ein Architekturpreis. Nicht der deutsche, der ging an Axel Schultes und Charlotte Frank für das Kanzleramt, sondern der Berliner. Den bekommt der Holländer Rem Koolhaas. Endlich, wollte man da sagen, eigentlich.

Kommentar von UWE RADA

Immerhin wird mit Rem Koolhaas einer geehrt, der neben Daniel Libeskind zu den entschiedensten Gegnern der Berliner Baupolitik nach der Wende gehörte. Stadt, das war und ist für Koolhaas keine Frage von Steintapeten und kritischer Rekonstruktion, sondern, wie er selbst sagt, „eine Frage des Verstehens“. Nur – verstehen wollte keiner in den Jahren nach der Wende. Bauen wollten sie alle, je provinzieller, desto besser.

Eine späte Genugtuung also? Eine, die umso besser sitzt als dieser Architekturpreis, ausgelobt vom Bund Deutscher Architekten, gefördert vom Senator für Stadtentwicklung?

Nein, dafür kommt die Ehrung zu spät. Berlin hat bekommen, was es verdient hat, daran können auch die wenigen Glanzlichter, das Jüdische Museum, das Paul-Löbe-Haus oder nun Koolhaas’ niederländische Botschaft nichts mehr ändern.

Gleichwohl gibt es auch einen richtigen Zeitpunkt. Gleichzeitig mit der Bekanntgabe des Preisträgers wurde in der Neuen Nationalgalerie eine Koolhaas-Schau mit dem Titel „Content“ eröffnet. Damit ehrt Berlin nicht nur Koolhaas’ Architektur, sondern auch sein „Verstehen“. Und das hat mehr mit Berlin zu tun, als es die scheinbar erfolgreiche Koalition der Masterplaner glauben mag.

Schon vor vier Jahren hat Rem Koolhaas einmal gesagt, das zwangsläufige Endbild der Stadtentwicklung sei die chinesische Stadt. Und: „Ich glaube, die Realität hat in Berlin das Dogma ganz effizient unterminiert.“

Heute wissen wir: Koolhaas hatte Recht. Die Stadt ist unplanbarer denn je, die Masterpläne scheitern an der Realität, Aufstieg und Fall von Stadtquartieren finden in immer kürzeren Halbwertszeiten statt.

Nur dies alles zu begreifen, davor scheut man sich in Berlin noch immer. Der Blick in die Zukunft, er bleibt auch künftig einigen wenigen wie Rem Koolhaas vorbehalten.