Des einen Tod ist des anderen Brot

Unkonventionell gehen Martin Stankowski und Rainer Pause mit dem Tabu-Thema Tod um. Ihr Kabarett-Stück „Tod im Rheinland“ bietet seit zehn Jahren Lehrreiches und Amüsantes über die Geschichte der Bestattungskultur im Rheinland

Von Christiane Martin

Kabarett in der Trauerhalle? Ist das nicht ein bisschen makaber, könnte sich mancher Pietist fragen. Martin Stankowski und Rainer Pause spielen ihr Programm „Tod im Rheinland“ ausschließlich an Orten, die mit dem Tod zu tun haben: auf Friedhöfen, in Bestattungshäusern oder Krankenhauskapellen. Und das ganz bewusst, denn trotz der kabarettistischen Ausrichtung behandelt das Stück den Tod, insbesondere die Sterbekultur im Rheinland. Mit dieser eigenwilligen Mischung sprechen Stankowski und Pause ein alltägliches und dennoch oft tabuisiertes Thema auf unkonventionelle Weise an.

Die Idee wurde geboren, als der Bergisch Gladbacher Bestattungsunternehmer Fritz Roth auf Stankowski zukam und sich einen kulturhistorischen Vortrag wünschte, der die Geschichte vom Umgang mit dem Tod im Rheinland erzählt. Seit 21 Jahren versucht Roth in seiner Trauerakademie, den gesellschaftlichen Umgang mit Tod und Sterben zu revolutionieren. „Ich möchte den Tod ins Leben zurückzuholen und die Menschen mit dem Unausweichlichen vertraut machen“, sagt er. Dazu bietet er neben Bestattungen auch Gespräche, Veranstaltungen und Trauerbegleitung an.

Der Kölner Journalist und Geschichtenerzähler Stankowski und der Bonner Kabarettist Pause setzten Roths Idee um und schrieben das Stück „Tod im Rheinland“, das vor zehn Jahren Premiere hatte und seitdem vielfach aufgeführt und begeistert aufgenommen wurde.

Die Szenerie erscheint dabei so alltäglich wie komisch: die Sitzung eines Heimatpflegevereins. Alterspräsident Fritz Litzmann – gespielt von Rainer Pause – hat den Rheinlandhistoriker Dr. Martin Stankowski – gespielt von eben dem – eingeladen. Der Experte soll einen historischen Abriss über Totenkult und Sterberituale im Rheinland geben. Während er referiert, unterbricht Litzmann ihn ständig mit Einwänden, neuen Aspekten, Fragen und Bemerkungen. „Ich weiß alles, aber Litzmann weiß alles besser“, erzählt Stankowski lachend. Und so entspinnt sich ein lehrreiches und amüsantes Stück.

„Lustig, aber angemessen“, beurteilt Stankowski selbst diese Art, ein anscheinend heikles und oft gemiedenes Thema anzusprechen. Dabei enden seine Diskussionen mit Litzmann nicht nur komisch. Ein Gedankenaustausch darüber, was passiert wäre, wenn Jesus Rheinländer gewesen wäre, wirft eine geradezu dialektische Frage auf. „Wir hätten uns mit Jesus ein bisschen zusammengesetzt, hätten gefeiert und uns dann am Ende geeinigt, dass er in Zukunft für die Getränke sorgt, kurz: Er wäre niemals gekreuzigt worden“, schlussfolgert Litzmann. Aber ohne Kreuzigung auch kein Karfreitag und ohne Karfreitag kein Ostern – und noch viel schlimmer kein Karneval, gibt Stankowski zu bedenken. Eine der Stellen, an denen das Publikum vermutlich zumindest schmunzelt. Und kein Christentum, fügt er dann noch an und lässt die Diskussion theologisch ausklingen.

Dass das kölsche Klüngeln seinen Ursprung im Knochenhandel hat, woher die Redewendung „mit Leichenbittermiene“ stammt, was es mit dem Heiligen Severin auf sich hat und warum 1688 die Totenwache verboten wurde, erfahren die Zuschauer bei „Tod im Rheinland“ unverklemmt und befreiend. „Für viele ist es erlösend, an Orten, wo so viele Tränen vergossen werden, plötzlich lachen zu können“, sagt Stankowski.

Für ihn ist die Auseinandersetzung mit Tod und Sterbekultur nichts Neues. Im Zuge seiner Recherchen stößt er immer wieder auf dieses Thema. „Das Kabarett ‚Tod im Rheinland‘ hat aber schon dazu geführt, dass ich mir ganz konkrete Gedanken gemacht habe, wie meine Bestattung mal aussehen soll“, sagt der 60-Jährige. Ob Sarg oder Urne sei ihm egal. „Aber große Reden will ich. Die sollen fressen und saufen und richtig feiern!“

„Tod im Rheinland wird vom 1.11. bis 12.11.2004 an wechselnden Spielorten aufgeführt. Info-Telefon: 0228/21 25 21. Internet: www.pantheon.de. Am 5., 6. und 7.11. 2004 finden jeweils Aufführungen in der Trauerhalle auf dem Melatenfriedhof statt, Vorverkauf bei KölnTicket: 0221-28 01 oder im Bestattungshaus Pilartz, Köln: 0221/25 31 91