Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Ausgerechnet ein USA-Besuch zeigt: Fernsehen muss nicht schlecht sein! Statt Dschungelcamp und Big Boss gibt es viel und gutes politisches Programm. Selbst die Musikkanäle scheuen den Einsatz der Springsteen-Gang gegen Bush nicht

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Der Jetlag nach dem Rückflug aus Amerika.

Was wird besser in dieser?

Ausschlafen!

Irgendwie scheinen die Arbeitnehmer so viel zu verdienen, dass ihre Löhne runtermüssen. Selbst beim Musterkonzern VW heißt jetzt die Zauberformel Nullrunde beim Lohn. Wie sollten die Beschäftigten reagieren?

Das qualifiziert akzeptieren. „Qualifiziert“ heißt : Die Tochter Skoda und der Bereich Finanzen haben die Erträge erwirtschaftet, die die Bilanz retten, die Marke VW selbst Verluste eingefahren. Also Lohnerhöhung bei Skoda; die Finanzmanager sind diesbezüglich eh besser gestellt.

Ist die Lage derart ernst, dass selbst dem „5.000 für 5.000“- und Arbeitslosengeld-II-Erfinder keine flott klingende Lösung mehr einfällt?

Peter Hartz will einen Pakt über Sicherung und Erhalt aller sechs Produktionsstandorte schließen. Das ist immerhin klüger als GM/Opel: Deren Elend ging einher mit der Entscheidung, ganze Opel-Baureihen inklusive Fabrikationsstraßen und Bauplänen nach Korea zu verschiffen. Opels verlorene Umsätze rollen als Daewoo über deutsche Straßen.

Damit wir uns vom alltäglichen Leid erholen, bieten uns die TV-Sender alles von der ersten Telenovela über die Big-Boss-Show bis zum Dschungelcamp. Wird Big Boss nun die passende Show zur Misere?

Nachdem Fernsehen für die wichtige Dienstleistung steht – der Versammlung auf dem Sofa zu zeigen: „Es könnte euch auch noch schlechter gehen“ – funktioniert die Dschungelshow, solange die Leute noch etwas anderes als Ameisenkotze im Kühlschrank haben. Für „Sie sind gefeuert“ hingegen brauche ich in Deutschland kein Fernsehen.

Jetzt schon erfolgreich ist das Dschungelcamp. Hat diese Trash-Sendung besondere Qualitäten oder liegt das nur am Hype der Bild -Zeitung?

Ohne Bild und die gegenseitige Beatmung mit Relevanz geht es definitiv nicht.

In den USA läuft seit einigen Tagen auch im Fernsehen der Showdown zwischen Bush und Kerry. Wer präsentiert sich besser?

Da ich die Herbstferien in New York verbrachte, bringe ich einen sehr Kerry-freundlichen Eindruck mit. Aber: Das liberale, multikulturelle, jüdische, wirtschaftsradikale, schwarze New York ist aus Sicht der restlichen Amerikaner „fast noch Europa“. An jeder Subway-Station gibt’s Bush verhöhnende Badges, am „Ground Zero“ prangt ein 30-Meter-Spruchband „Dissent is patriotic“. In den meist regionalen TV-Stationen haben Kerry-Bilder Vorfahrt – und man sieht bemüht wirkende „Ich hab jetzt auch endlich ne lockere Körpersprache“-Auftritte des Demokraten.

Wie hoch schätzen Sie den Einfluss der Unterhaltungsshows auf die Wähler ein?

Löblicherweise rücken die US-Stationen viele erklärt politische Sendungen ins Programm. In der ironischen „Daily Show“ geben sich Madeleine Albright und John Kerry die Klinke in die Hand. Auch eine sehr gute Doku über die irrlichternde Karriere Cheneys sahen wir zur besten Sendezeit, und die Musikkanäle scheuen den Einsatz der Springsteen-Gang gegen Bush nicht. Also, ich habe kaum Unterhaltung geguckt noch gucken müssen, weil es viel und gutes politisches Programm gab.

Noch nie war ein Wahlkampf so emotional aufgeladen. Tragen dazu auch die Medien bei oder reichen dazu schon die polarisierenden Kandidaten?

Kann ich nicht vergleichen. Die Alternative „Kopf oder Bauch“ allerdings, eben Kerry oder Bush, ist sehr klar.

Und was machen die Boston Red Socks alles besser als Borussia Dortmund?

Naja … der erste Titel seit 1918 ist ein Superlativ, den ich dem BVB so nicht wünschen möchte.

FRAGEN: DAH