Außergewöhnliche Abmeldung verlangt

Die Hamburger Linkspartei-Abgeordnete Kersten Artus verklagt den Heinrich Bauer Verlag vor dem Arbeitsgericht: Ihr Arbeitgeber, sagt die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion, behindere ihre Parlamentsarbeit

„Ein einzigartiger Vorgang“, sagt Ver.di-Fachbereichsleiter Martin Dieckmann

Die Abgeordnete der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Kersten Artus, hat die Faxen dicke: „Die Drohung der Verlagsleitung ist eine große Belastung“, sagt die Redakteurin der Zeitschrift Fernsehwoche und Konzern-Betriebsrätin des Heinrich Bauer Verlags. Diesen hat die 45-Jährige nun vor dem Arbeitsgericht verklagt: wegen Behinderung der Arbeit als Abgeordnete.

Seit einem Jahr sitzt Artus für die Partei Die Linke in der Bürgerschaft. Nach dem Hamburgischen Abgeordnetengesetz ist sie von ihrem Arbeitgeber für die Abgeordnetentätigkeit freizustellen – genauso wie für ihre Tätigkeiten als Betriebratsvorsitzende des Bauer’schen „Programmzeitschriften-Verlags“ oder als Vorsitzende des Konzern-Betriebsrats. Dazu bedarf es lediglich einer Abmeldung bei ihren RessortleiterInnen.

„Am Anfang lief das relativ entspannt“, sagt Artus. Auch dass ihr für die Abgeordnetentätigkeit Gehalt abgezogen wird, findet Artus „völlig in Ordnung“. Im September 2008 erhielt sie eine neue Direktive von der Verlagsleitung: Vor dem Verlassen des Verlagshauses für Abgeordnetentätigkeiten habe Artus sich per E-Mail auch bei der Personalabteilung und einem verlagsfremden Dienstleister ab- und später wieder anzumelden. Als das einmal nicht klappte, bekam die gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Fraktion eine Abmahnung – mitsamt der Androhung einer fristlosen Kündigung.

Eine Abmeldung müsse weder schriftlich noch persönlich erfolgen, und schon gar nicht bei so vielen Adressaten, sagt Artus’ Anwalt Klaus Müller-Knapp. Das sei sachlich nicht gerechtfertigt, widerspreche mithin dem Zweck der Meldepflicht. „Zum laufenden Verfahren sagen wir nichts“, sagt Bauer-Sprecher Andreas Fritzenkötter auf taz-Anfrage. „Nur so viel: Die politische Arbeit wird nicht behindert.“

Das sieht die Linksfraktion anders: Dort betrachte man das „repressive Vorgehen“ von Artus’ Arbeitgeber als „Schikane und als Angriff auf unsere Parlamentsarbeit“, sagt Sprecher Martin Bialluch. Er verweist auf den Linken-Abgeordneten Norbert Hackbusch, der in der Dokumentation beim Verlag Gruner + Jahr arbeitet: „Da läuft alles reibungs- und problemlos.“

Empört zeigt sich auch die Gewerkschaft Ver.di über den Bauer-Verlag: Dessen Verhalten sei „mit Blick auf andere Unternehmen ein einzigartiger Vorgang“, sagt Martin Dieckmann, Fachbereichsleiter Verlage. „Es wird höchste Zeit, dass solchen Unternehmen in die Schranken gewiesen werden.“ KAI VON APPEN