Kommentar: Wenn die Umfrage zur Politik passt
: Unterhaltung für Kulturpolitiker

Umfragen über gesellschaftliche Entwicklungen landen schnell im Trivialen. Das gilt auch für die Studie zum Thema Kultur im Wandel. Dass junge Menschen häufiger ins Kino oder auf Popkonzerte gehen als ältere, dürfte niemanden allzusehr überraschen, genauso wenig wie die Tatsache, dass in der öffentlichen Wahrnehmung Berlin, München und Hamburg mehr kulturelle Ausstrahlung besitzen als Stuttgart oder Hannover. Außerdem hängt das Ergebnis stark von den Fragen ab, die gestellt werden. Wer nach Stadtfesten fragt, definiert diese auch als kulturelle Events.

Doch nicht alle Ergebnisse sind von einer derartigen Schlichtheit. Der unterhaltende Aspekt, auch das ist ein Ergebnis der Untersuchung, interessiere die Besucher immer stärker. Das darf ohne Umschweife infrage gestellt werden. Bestimmte Formen kultureller Äußerungen sprechen immer nur eine Minderheit an. Dennoch wird niemand ernsthaft behaupten, dass sich das Publikum in die Oper schleppt, um dort gähnend und gezwungenermaßen der Musik zu folgen. Wer Veranstaltungen freiwillig besucht, tut das auch aus dem Bedürfnis heraus, unterhalten zu werden.

Gefährlich wird es aber, wenn sich daraus eine Hierarchisierung ergibt. Erfolgreich ist dann plötzlich, was möglichst viele Menschen erreicht und unterhält. Wenn dies zum Maßstab für Förderungswürdigkeit wird, wenn wirtschaftliche Aspekte zunehmend als Argumentationshilfe in kulturpolitischen Diskussionen herangezogen werden, gilt es aufzupassen.

Die Hamburger Umfrage passt perfekt zur Politik der Kultursenatorin Dana Horáková. Es darf erwartet werden, dass sie ihre Schlüsse daraus ziehen wird. Es darf auch erwartet werden, dass es die falschen sein werden. Und dass sie zur Steilvorlage für alle KulturpolitikerInnen werden, die sich solche Umfrageergebnisse schon immer gewünscht haben.

Eberhard Spohd