Dresden profitiert vom Chip-Boom

Heute entscheidet der Bürgschaftsausschuss der Bundesregierung über die Förderung für die dritte Computerfabrik in Dresden. US-Konzern AMD plant Werk, um das Basismaterial der Speicherchips herzustellen. Bau in Frankfurt (Oder) damit out?

Ein Protokoll belegt die Verschiebung der Steuerzahlung von Dresden in die USA

aus Dresden MICHAEL BARTSCH

In Dresden soll eine weitere Fabrik für Computerchips gebaut werden. Realisiert der US-amerikanische Mikroelektronik-Hersteller AMD seine Planungen, würde die Hauptstadt Sachsens zum führenden europäischen Chip-Standort aufsteigen.

Seit Wochen wird über eine neue Chipfabrik für 300-Millimeter-Siliziumscheiben verhandelt. Über die Rolle des sächsischen Wirtschaftsministers Martin Gillo, der bis zum Vorjahr Personalchef der Dresdner AMD-Tochter war, schweigt das Ministerium. Auch gestern gab es für das Vorhaben des amerikanischen Konzerns keine offizielle Bestätigung. Von entscheidender Bedeutung dürfte aber eine Sitzung des interministeriellen Bürgschaftsausschusses der Bundesregierung sein, die heute stattfindet. Denn auch diese Großinvestition, die bis zu zwei Milliarden Euro umfassen könnte, soll zu einem erheblichen Teil aus öffentlichen Mitteln gefördert oder abgesichert werden.

Neben dem Konkurrenten Infineon betreibt AMD seit sechs Jahren bereits ein Chipwerk am Stadtrand von Dresden. Die Investitionskosten von 1,4 Milliarden Euro wurden damals mit 400 Millionen Euro aus der Gemeinschaftsaufgabe und dem Landeshaushalt gefördert. Außerdem sicherten Bund und Land Kreditbürgschaften in Höhe von etwa 490 Millionen Euro zu. Bereits im Juli hatte die EU weitere Beihilfen in Höhe von 98 Millionen für ein gemeinsames Belichtungsmaskenwerk von AMD und dem US-Konzern Dupont in Dresden genehmigt. Die Masken sind für die Produktion von Schaltkreisen unerlässlich. Für die neue Investition sind Fördersummen von 250 Millionen Euro im Gespräch. Bürgschaften könnten sich auf mehr als 600 Millionen belaufen.

Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums zeigte sich von Gerüchten überrascht, die erhoffte Bürgschaft für das umstrittene Chipwerk in Frankfurt (Oder) könne zugunsten von AMD Saxony umgewidmet werden. Auch der Frankfurter Rathaussprecher Heinz-Dieter Walter mag solchen Spekulationen keinen Glauben schenken.

Der Finanzausschuss des sächsischen Landtages hat mit den Stimmen von CDU, SPD und PDS einer Landesbürgschaft bereits vorab zugestimmt. Nach unbestätigten Informationen wird auch eine direkte Landesbeteiligung erwogen. Angeblich soll noch in dieser Woche der erste Spatenstich für die Fabrik erfolgen.

Wiederum handelt es sich um eine äußerst kapitalintensive Investition, die nur die vergleichsweise geringe Zahl von 1.400 Arbeitsplätzen schaffen soll. Über die direkten steuerlichen Effekte der in Dresden schon produzierenden Computerfabriken gibt es widersprüchliche Angaben. Ein der taz vorliegendes Protokoll des interministeriellen Bürgschaftsausschusses vom 21. Mai 2002 bestätigt eine Verschiebung der Steuerzahlungen von AMD an den Sitz des kalifornischen Mutterkonzerns. Im Gegenzug soll der Dresdner Tochter ein höheres internes Darlehen gewährt werden. Die Existenz dieses Protokolls wird vom Unternehmen AMD bestritten. AMD-Pressesprecher Jens Drews bestätigt aber einen Rechtsformwechsel: „Wir sind dem Mutterkonzern wieder näher gerückt.“