Pogrome und Kriegsangst in Liberia

Mindestens 14 Tote bei Unruhen in Liberias Hauptstadt Monrovia. Demobilisierungsprogramm der UNO beendet

BERLIN taz ■ Mindestens 14 Tote und hunderte von Verletzten sind die Bilanz der schwersten Unruhen in Liberia seit dem Sturz des Regimes von Charles Taylor im August 2003. Kirchen und Moscheen wurden in einer Serie wechselseitiger Racheakte angezündet, als ethnisch definierte Jugendbanden in Teilen der Hauptstadt Monrovia ab Donnerstagabend aufeinander losgingen. Die Regierung unter Übergangspräsident Gyude Bryant verhängte am Freitag eine totale Ausgangssperre, die UN-Soldaten in Monrovia setzten Waffen gegen die Randalierer ein. Dennoch ging die Gewalt auch am Sonntagabend weiter. Gestern erklärte die UN-Mission – mit 15.000 Mann die größte der Welt –, die Blauhelme hätten 250 Menschen festgenommen.

Der genaue Auslöser ist unklar. Jacques Klein, der Leiter der UN-Mission, sprach gegenüber BBC von einem Streit zwischen Markthändlern, zu dem dann Querelen innerhalb von Liberias größter einstiger Rebellenbewegung Lurd (Vereinigte Liberianer für Versöhnung und Demokratie) gekommen seien. Andere lokale Quellen sagten, die Gewalt habe sich daran entzündet, dass der eigentlich von seinen Anhängern abgesetzte Lurd-Führer Sekou Conneh einen Sicherheitszaun um seine Residenz im Stadtteil Paynesville bauen wollte. Es sei daraufhin zu Pogromen gegen Mitglieder von Connehs Ethnie der Mandingo gekommen – eine in halb Westafrika verbreitete muslimische Volksgruppe. So gingen die Häuser mehrerer Mandingo-Regierungsmitglieder und Moscheen in Flammen auf.

Präsident Bryant machte später „Hooligans“ verantwortlich, während UN-Chef Klein sagte, dass bewaffnete Anhänger des gestürzten Präsidenten Taylor noch immer versuchten, Liberias Friedensprozess zu kippen.

Der Zeitpunkt der Unruhen ist kein Zufall. Am Sonntag endete das UN-Demobilisierungsprogramm für Liberias Bürgerkriegsmilizen, an dem sich 95.000 Kämpfer beteiligt haben – doppelt so viele wie erwartet. Perspektiven für einen zivilen Neuanfang haben die wenigsten. Liberianische Politiker haben die UN-Mission mehrfach vergeblich aufgefordert, das Programm zu verlängern. In Monrovia wird immer mehr Unmut über die schlechte Wirtschaftslage laut. Die humanitäre UN-Abteilung Ocha warnte in ihrem jüngsten Lagebericht vom 22. Oktober: „Die Sicherheitslage in Monrovia und dem gesamten Land bleibt instabil und angespannt wegen zahlreicher Demonstrationen und Proteste.“ DOMINIC JOHNSON