Nachhilfe für Frischlinge im Rat der Stadt

In ihrem „Praxishandbuch für moderne Kommunalpolitik“ schildert die Kölner SPD-Politikerin Susana dos Santos Herrmann die Rollenverteilung im Rathaus und gibt Neulingen im Geschäft Tipps für die alltägliche politische Arbeit

Wie macht man eigentlich Politik als Neuling im Rathaus? Wenige, die bei der jüngsten Kommunalwahl erstmals ins Stadtparlament gewählt wurden, haben sich darüber so intensiv Gedanken gemacht wie die SPD-Politikerin Susana dos Santos Hermann. Die Journalistin hat für alle Kolleginnen und Kollegen, die wie sie Ratsfrischlinge sind, gemeinsam mit der Politikberaterin Hannah Schmidt-Kuner ein Nachhilfeheft veröffentlicht. Das Praxishandbuch ist bei der Sozialdemokratischen Gesellschaft für Kommunalpolitik erschienen und wird bundesweit vertrieben.

Zunächst einmal schildert die Kölnerin, wie die Rollenverteilung im Rathaus überhaupt ist. So wird dargestellt, dass die Vorbereitung der Entscheidungen ein Job für die Verwaltung ist. Die politischen Gremien dagegen hätten die Aufgabe, die Prozesse der Meinungsbildung zu moderieren, die Interessen und Wünsche der Bürger zu berücksichtigen und am Ende klare Entscheidungen zu treffen. „Eine Verzögerung oder gar Verhinderung aufgrund anderer politischer Auffassungen steht der Verwaltung nicht zu“, theoretisieren die Autorinnen.

Denn was sich so einfach anhört, ist in der Realität natürlich viel komplizierter. Verwaltungsbeamte streben nach politischem Wirken, Beziehungsgeflechte müssen durchdrungen werden und die Öffentlichkeit kann einem auf die eine oder andere Weise einen Strich durch die Rechnung machen.

Zu den Stärken des Leitfadens gehört es, dass auch diese Zwischentöne abgebildet werden. Die Autorinnen haben sich eines fiktiven Falls bedient, in dem die Spielarten politischer Einflussnahme beleuchtet werden. Freilich liegt es dabei an den interessierten Lesern, die notwendigen Schlüsse für die eigene Arbeit daraus zu ziehen.

Handfeste Tipps hingegen gibt es für die alltägliche politische Arbeit. So wird dringend empfohlen, zur Vermeidung unnötiger Diskussionswiederholungen klare Ziele zu definieren. Dadurch würden die Kriterien für kommunalpolitische Entscheidungen überprüfbar und transparent – und negative Einwirkungen von Lobbyisten hätten weniger Chancen. Wichtig ist den Fachfrauen auch, darauf hinzuweisen, dass Ziele selten eindimensional sein können. Meist ist eine Wechselwirkung mit anderen Vorstellungen zu suchen. So müssten zum Beispiel beim Bau einer neuen Veranstaltungshalle neben dem Wunsch nach einem kulturellen Angebot auch die Fragen der Verkehrsbelastung und der Kosten gründlich geklärt werden.

Sich ganz einfach an den Forderungen der Öffentlichkeit zu orientieren, davon raten die Autorinnen allerdings ab: „Die willfährige Erfüllung von Bürgerwünschen hat uns einen großen Teil unserer aktuellen kommunalen Finanzprobleme eingebrockt.“ Stattdessen sollten Politiker gerade in Zeiten knapper Kassen den Sparprozess moderieren und fair abwägen. Die Hilfe der Bürger sei dabei natürlich wichtig.

Aber der Wunsch danach dürfe sich nicht nur in Sonntagsreden manifestieren. Internetforen, Veranstaltungen und Zukunftswerkstätten werden als Beispiel für eine gelungene Beteiligung der Einwohner erörtert. Allzu viel Harmoniebedürfnis sollten die Volksvertreter dabei aber nicht an den Tag legen: „Es wird immer Vorhaben geben, bei denen ein Konsens unmöglich ist“, raten die Autorinnen: „Hier bleibt die Verantwortung bei den gewählten Gemeinderatsmitgliedern.“

Und weil man in der Politik nicht nur Gutes tun, sondern auch darüber sprechen soll, haben dos Santos Herrmann und Schmidt-Kuner noch einen eigenwilligen Tipp für die gelungene Öffentlichkeitsarbeit parat: „Kommunalpolitiker sollten sich nicht scheuen, alle ihre Tätigkeiten durch entsprechende Pressemitteilungen zu begleiten: vom Besuch bei der Jubilarin aus dem Seniorenheim über das Gespräch mit der Schulpflegschaft bis zu einer konkreten Stadtratsinitiative.“ Frank Überall

Hannah Schmidt-Kuner und Susana dos Santos Herrmann: „Bürgerschaft und Management – Politik in den Kommunen: Ein Praxishandbuch für moderne Kommunalpolitik“, ISBN 3-88579-121-8, Bestellformular unter www.bundes-sgk.de (10 Euro)