Bush ist ein ungebetener Besucher

Der US-Präsident auf Staatsbesuch in London: Das bringt den britischen Premierminister Blair in eine missliche Lage. Wieder wird der Irak zum Thema, und die Gegner des Krieges machen mobil. Die Sicherheitsmaßnahmen kosten 4 Millionen Pfund

von RALF SOTSCHECK

Wer hat ihn eigentlich eingeladen? Der Besuch des US-Präsidenten George Bush, der gestern Abend in London eintraf, bringt den britischen Premierminister Tony Blair in eine missliche Lage. Wieder einmal steht der Irakkrieg im Mittelpunkt der Diskussionen. So muss er erneut den Angriff auf den Irak rechtfertigen, wenn Massen von Kriegsgegnern heute eine „Tea Party“ vor dem Buckingham Palace feiern und morgen auf die Straße gehen. Am Trafalgar Square wollen sie eine selbst gebaute Bush-Statue vom Sockel reißen, so wie es die US-Soldaten mit der Saddam-Statue in Bagdad getan haben.

Der dreitägige Bush-Besuch hat zu Verstimmungen zwischen Bushs Sicherheitsbeamten und Scotland Yard geführt. Die 250 bewaffneten US-Geheimdienstler, die Bush mitbringt, forderten eine Bannmeile rund um den Präsidenten, während Londons linker Bürgermeister Ken Livingstone darauf besteht, den Demonstranten möglichst viel Freiraum zu geben. Auf keinen Fall soll sich der peinliche Zwischenfall beim Besuch des chinesischen Präsidenten Jiang Zemin 1999 wiederholen, als die Polizei den Demonstranten befahl, ihre Banner und tibetischen Flaggen einzurollen.

Die Route der Demonstration steht noch nicht endgültig fest, aber der stellvertretende Polizeichef Andy Trotter sagte, es sei „gut möglich, dass Bush in Sichtkontakt mit den Demonstranten geraten“ könne. Die Polizei hat eine Urlaubssperre verhängt, mehr als 5.000 Beamte werden im Einsatz sein. Die bewaffnete Antiterroreinheit des Geheimdienstes steht Gewehr bei Fuß, und an den Flughäfen werden die ohnehin strengen Sicherheitsvorkehrungen verschärft, weil man mit zahlreichen Demonstranten aus Kontinentaleuropa rechnet.

Vier Millionen Pfund ist den Briten der Schutz des US-Gastes wert. Die Gefahr eines Anschlags sei groß, sagte ein Sprecher von Scotland Yard. Es gebe zwar keine spezifischen Hinweise auf irgendwelche Al-Qaida-Aktivitäten, sagte er, fügte aber hinzu: „Bush, Blair und die Queen in einem Raum – da ist höchste Alarmstufe angesagt.“

Bush wird im Palast übernachten, er ist Gast der Königin, aber wirklich eingeladen hat sie ihn nicht. Sie ist allergisch gegen politische Kontroversen, weil sie dem angeschlagenen Ansehen der Monarchie weiteren Schaden zufügen. Die Regierung habe Elizabeth das eingebrockt, sagte einer ihrer Sprecher. „Es war eine Routineangelegenheit“, hieß es im Außenministerium. „Alle US-Präsidenten bekommen eine Einladung während ihrer ersten Amtszeit.“

Routine? Es ist der erste Staatsbesuch eines US-Präsidenten in London, wenn man einmal von Woodrow Wilsons Visite 1918 absieht. Für Bush ist die Londonreise der Auftakt für den Wahlkampf in den USA: Die Fotos mit dem Papst hat er bereits im Kasten, nun kommen noch die Bilder mit der Queen hinzu. Das seien sowieso die einzigen ausländischen Oberhäupter, die man in den USA kenne, sagte einer von Bushs Beratern.