Hilfe für Darfurs Flüchtlinge vor dem Aus

Wegen zunehmender Unsicherheit in Sudans Krisenregion Darfur suspendiert die UNO sämtliche Feldmissionen der internationalen Helfer. Versorgung von 1,3 Millionen Vertriebenen im schlimmsten Bürgerkriegsgebiet der Welt akut gefährdet

BERLIN taz ■ Die internationale Hilfe für die Vertriebenen in der sudanesischen Krisenregion Darfur steht vor dem Zusammenbruch. Das UN-Sicherheitsbüro im Sudan hat gestern alle Feldmissionen internationaler Organisationen in Darfur auf unbestimmte Zeit suspendiert. „Alles ist eingefroren“, bestätigte Elizabeth Byrs von der UN-Koordinationsstelle für humanitäre Aktivitäten (OCHA) gegenüber der taz. „Die Leute können weiterarbeiten, aber es gibt keine neuen Missionen und keine neuen Anreisen von außerhalb.“ In Darfur ist die UNO für die Versorgung von derzeit 1,3 Millionen Kriegsvertriebenen zuständig.

Die Suspendierung bedeutet, dass internationale Helfer sich nicht mehr aus ihren Stützpunkten oder gegenwärtigen Aufenthaltsorten fortbewegen dürfen. Damit wird weitere Hilfe für die meisten Vertriebenen unmöglich, sobald die gerade laufenden Verteilungen beendet sind. Nach Angaben des für Darfur und Tschad zuständigen Leiters des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR), Bellings Sikanda, wurde die Suspendierung am Montag bei einem Treffen zwischen den zuständigen Stellen der UNO und der sudanesischen Regierung beschlossen. „Die Sicherheitslage wird immer schlechter“, sagte Sikanda.

Unmittelbarer Auslöser der Suspendierung war die Entführung von 18 arabischstämmigen Zivilisten aus einem Bus auf der Straße zwischen Süd- und West-Darfur am vergangenen Donnerstag. Für diese machen Sudans Behörden die gegen Sudans Regierung kämpfenden Rebellen Darfurs verantwortlich. Nach UNHCR-Angaben fliehen derzeit aus der Provinz West-Darfur jede Nacht Zivilisten in das Nachbarland Tschad, da sie Angst vor Racheaktionen der Armee nach Angriffen der Rebellen haben.

Lokal arbeitende Helfer betonten gestern, dass die Lage sich stündlich verändere. UN-Stellen bestätigten aber, dass weite Teile der Provinzen West- und Süd-Darfur seit neuestem nicht mehr für Helfer zugänglich sind. Seit dem Wochenende hat das UN-Welternährungsprogramm WFP 85 internationale Mitarbeiter aus drei Orten evakuieren müssen, sagte WFP-Mitarbeiterin Bettina Luescher der taz aus Süd-Darfurs Provinzhauptstadt Nyala. „Mindestens 160.000 Menschen, die total von unserer Hilfe abhängig sind, können jetzt nicht mehr erreicht werden“, erklärte sie.

Die Helfer hoffen, dass die jüngsten Spannungen nur vorübergehend sind. Sonst aber droht der Zusammenbruch der großen internationalen Hilfsaktion in Darfur. Dort werden 1,3 Millionen der 1,6 Millionen Kriegsvertriebenen nur durch internationale Hilfe vor dem Hungertod bewahrt. Die Sterberate in Darfurs Vertriebenenlagern liegt konstant bei über einem Hungertoten täglich pro 10.000 Menschen – die Untergrenze für eine akute Hungerkatastrophe. D.J.

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